Thyssenkrupp:Die letzte Hoffnung

In Essen steht ein Stück sozialer Marktwirtschaft auf der Probe.

Von Benedikt Müller

Ungeduldige Investoren können einen Erfolg verbuchen: Jahrelang versuchte Thyssenkrupp, unabhängiger vom kriselnden Stahl zum modernen Technologiekonzern zu werden. Doch gebeutelt von Auslandsabenteuern verdient Thyssenkrupp nicht genug Geld, um in die Zukunft zu investieren.

Nun unterbindet die EU die geplante Stahlfusion mit Tata - und Thyssenkrupp beginnt das Tafelsilber zu verkaufen: Die profitable Aufzugssparte soll an die Börse gehen, weitere Partnerschaften sind denkbar. Aus dem stolzen Ruhrkonzern soll eine schlanke Holding werden, 4000 Stellen in Deutschland fallen weg. Das entspricht genau den Forderungen, die kritische Großaktionäre wie der Investor Cevian bereits vor Jahren stellten. Und es entspricht einem Zeitgeist, dem etwa auch Siemens seit Jahren folgt.

Die Gewerkschaft IG Metall rüstet sich schon für einen weiteren Ausverkauf: Sollte Thyssenkrupp bald die nächste Sparte in die Eigenständigkeit entlassen, müsste zumindest über Garantien für die Beschäftigten verhandelt werden. Es ist diese letzte Hoffnung, die Zehntausenden verunsicherten Mitarbeitern bleibt: dass Thyssenkrupp nun als Beteiligungsgesellschaft überleben wird, die keinen Beschäftigten ins Bodenlose stürzen lässt. Ein Stück sozialer Marktwirtschaft steht da in Essen auf der Probe.

© SZ vom 13.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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