Thüringen:Politikunfähige CDU

Der Verzicht Christine Lieberknechts auf die Rolle als Übergangs-Ministerpräsidentin stellt ihre eigene Partei bloß. Die Thüringer CDU wollte Zeit schinden und hat sich dabei grob verrechnet. Doch auch die Bundes-CDU ist mitschuldig an dem Fiasko in Erfurt.

Von Jens Schneider

Bodo Ramelows Vorschlag hatte Charme und war raffiniert. Charmant war die Idee des Linken-Politikers zur Lösung der Thüringer Regierungskrise, weil sie die Denkverbote der politischen Lager für kurze Zeit aufgehoben hätte - in einer Übergangszeit sollte eine Regierung unter der Christdemokratin Christine Lieberknecht schnelle Neuwahlen ermöglichen. Raffinesse steckte in der Idee, weil die Linke von baldigen Wahlen profitiert hätte. Aber die sind dringend notwendig. So hätte dies ein guter Weg sein können, wäre er nicht an der Politikunfähigkeit der CDU gescheitert. Mit ihrem Verzicht hat Lieberknecht der eigenen Landespartei gezeigt, wie unverantwortlich deren Taktieren war. Es war der früheren Ministerpräsidentin offenkundig zu dumm, wie ihre Christdemokraten Zeit gewinnen wollten und Bedingungen stellten, als hätten sie die Wahl gewonnen - und nicht zum regierungslosen Chaos einen großen Beitrag geleistet.

Das Fiasko ist aber nicht nur Folge eines Thüringer Versagens. Die Bundes-CDU hat mit dem Bestehen auf rigorose Abgrenzung zur Linken dazu beigetragen. Zu Recht fordert nun nicht nur Lieberknecht, dass der Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU fallen sollte. Die Partei muss reden und Politik gestalten dürfen. Es ist an der Zeit, dass die CDU im Jahr 2020 ankommt.

© SZ vom 20.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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