Thailand:Die Spur des Geldes

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Symbol der Rebellion: Die Demonstranten wollen erreichen, dass das Parlament das Vermögen des Staates kontrolliert - nicht der Monarch. (Foto: Lauren DeCicca/Getty Images)

Die Protestbewegung fordert Rechenschaft über das Vermögen des Königshauses. Den Anführern der Demonstrationen drohen nun Anklagen wegen Majestätsbeleidigung - noch lassen sie sich davon nicht aufhalten.

Von Arne Perras, München

Nun geht es ums Geld, die Demonstranten in Bangkok nehmen die Finanzen des Königs ins Visier. Am Mittwoch wollten sie eigentlich zum Gebäude des "Crown Property Bureau" (CPB) marschieren, das ist der Ort, wo das Vermögen des Monarchen verwaltet wird. Doch hatten staatliche Einsatzkräfte das Areal großflächig abgeschirmt, sodass die protestierende Jugend sich umorientierte und Richtung Siam Commercial Bank loszog, das älteste Kreditinstitut Thailands, an dem auch der König Anteile hält.

Bis zum Abend sammelten sich mehrere Tausend Menschen, zu Gewalt kam es zunächst nicht. Eine Regierungssprecherin erklärte, man sei offen für die Rechte und Freiheiten der Leute, "trotz vieler unkluger Äußerungen, welche die Mehrheit beleidigen". Damit spielte sie auf kritische Äußerungen gegen die Monarchie an, wie sie nun aus Kreisen der Jugend laut werden.

Offen für die Freiheit? Manche sehen das anders. Unter den Demonstranten ist die 22 Jahre alte Panusaya Sithijirawattanakul. Sie gehört zu den Anführern der Proteste und sieht nun eine Anklage wegen Majestätsbeleidigung auf sich zukommen. Man erreicht sie per Chat an diesem Nachmittag, ein Foto zeigt sie auf einer großen gelben Gummiente sitzen - dem Symbol des Protests.

Mindestens zwölf Protestführern drohen Anklagen

Panusaya rechnet fest damit, bald von der Polizei einbestellt zu werden. Der SZ übermittelte sie: "Ich denke, es ist lächerlich, dass ich wegen Lèse-Majesté dran bin, wo der König doch sagte, er werde Majestätsbeleidigung nicht mehr ahnden". Damit bezieht sie sich auf eine Erklärung des Premiers Prayuth Chan-ocha, der sie noch im Juni alle beschwichtigte. König Maha Vajiralongkorn habe ihn angewiesen, den berüchtigten Paragrafen 112 zur Lèse-Majesté nicht mehr anzuwenden, sagte Prayuth damals.

"Natürlich bin ich jetzt beunruhigt", sagt Panusaya, schon einmal war sie 16 Tage lang im Gefängnis. Dass sie inzwischen so vielen jungen Leuten als Vorbild dient, baue sie auf. Sie will weiterkämpfen, die Leute könne niemand stoppen. Durchhalteparolen, wie sie nun jeden Protest begleiten.

Dass die Militärregierung offenbar auf einen härteren Kurs umschwenkt, signalisierte sie mit ihrer Ankündigung, dass nun doch alle verfügbaren Gesetze angewendet würden. Nach Auskunft von Menschenrechtsanwälten in Bangkok drohen mindestens zwölf Protestführern Anklagen.

Geschieht dies nun auf Betreiben des Königs? Oder entscheidet das die Armee? Panusaya wüsste das gerne, aber das ist immer noch ein gut gehütetes Geheimnis.

Die junge Frau freut sich, dass die Demonstrationen dennoch immer mehr Zulauf bekämen. "Ich sehe, dass sie alle Ruhe bewahren und sich nicht von Gelbhemden provozieren lassen", sagt sie. Die Gelbhemden gehören ins Lager der Königstreuen, wollen den König schützen und wehren sich gegen Reformen der Monarchie. Vergangene Woche waren sich beide Lager recht nahe gekommen. Es waren sogar Schüsse gefallen, deren Herkunft ungeklärt blieb.

Die Bank, vor der sich an diesem Mittwoch alle versammeln, ist nur eines der Symbole für das umfassende Vermögen der Krone, das auf 30 bis 40 Milliarden Dollar geschätzt wird. Und weil sich König Rama X., Sohn und Nachfolger des langjährigen Monarchen Bhumibol, im Jahr 2017 die direkte Kontrolle über das CPB übertragen ließ, ist es nicht verwunderlich, dass die Demonstranten ihren Protest auf das Vermögen konzentrieren. Sie wollen erreichen, dass der Reichtum Thailands zumindest einer parlamentarischen Kontrolle unterworfen wird. Free Youth, eine der Protestgruppen, ging noch einen Schritt weiter und erklärte, man müsse "das Vermögen zurückfordern, das dem Volk und der Nation gehöre".

Die Eltern der 14 Jahre alten Schülerin sollen nicht wissen, dass sie auf die Straße geht

Der Ruf nach Finanzaufsicht, Transparenz und Kontrolle gehört zu einem ganzen Paket an geforderten Reformen, um die Monarchie zu modernisieren, ein Thema, das bis zum Sommer gesellschaftlich und politisch tabu gewesen war.

Augenzeugen in Bangkok berichteten, dass auch sogenannte Rothemden die Demonstranten unterstützten, indem sie ihnen zum Beispiel Wasser brachten. Die Rothemden sind der Kern einer älteren Protestbewegung, die ihre Hochburgen im ärmeren Nordosten Thailands haben. Deren Aufmärsche wurden 2010 blutig niedergeschlagen, Dutzende Menschen starben, darunter auch einige Einsatzkräfte.

Mit der Drohung der Militärregierung, auch das Gesetz zur Majestätsbeleidigung anzuwenden, will sie offenkundig vor einer weiteren Teilnahme an Demos abschrecken. Ob die Strategie aufgeht oder die Proteste eher noch befeuert, dürfte erst in den kommenden Tagen sichtbar werden.

Eine 14 Jahre alte Schülerin, die sich Zia nennt, ist ebenfalls unter den Demonstranten, ihre Eltern dürfen das nicht wissen, sagt sie im Chat. Ihre großen Vorbilder hat sie in Hongkong, auch wenn sie gesehen hat, was mit den Demonstranten dort geschah. Dennoch müssten sie in Bangkok weitermachen, macht sie sich selbst Mut. "Für unsere Zukunft."

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