Terrorwarnung: Reichstagskuppel gesperrt:Touristen im Regen

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"Das war wohl keine gute Idee": Nach der Terrorwarnung für den Reichstag werden Berlin-Besucher von den Kontrollen überrascht - und schlecht informiert. Nur so richtig bedroht fühlen sie sich nicht.

Susanne Klaiber, Berlin

Menschen mit ratlosen Gesichtern drängen sich vor der rot-weißen Absperrung, die den Bundestag und die Gebäude daneben abriegelt. Irritierte Touristen, bibbernde Schüler mit durchweichten Stiefeln, an allen hängen Regentropfen wie Kletten. Auf der anderen Seite frieren Landes- und Bundespolizisten sowie Sicherheitspersonal des Bundestags. Ein Wachmann, der seit Stunden ausharrt, zieht sich mit klammen Fingern die dritte dicke Jacke über. "Closed", "geschlossen", sagt sein Kollege zu den Leuten. Er hat es oft gesagt und wird es noch viel öfter tun.

Bibbern und wachsam bleiben: Polizist vor dem Berliner Reichstag. (Foto: AFP)

Am Montag ist das Reichstagsgebäude in Berlin für Besucher geschlossen worden. Eine offizielle Begründung gibt es nicht. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hatte berichtet, Terroristen planten dort einen Anschlag. Nun dürfen auf die Dachterrasse und die gläserne Kuppel laut Pressestelle "bis auf weiteres" gar keine Besucher und in den Rest des Gebäudes nur solche, die eine Reservierung für das Dachrestaurant haben oder für eine Führung angemeldet sind.

Die Schulklasse, die vor dem engen Durchlass im Zaun wartet, ist angemeldet. Nur hat Lehrerin Silke Grinda die Bestätigung dafür nicht ausgedruckt. Jetzt stehen die 25 Schüler schon eine ganze Weile im Regen. Es dauert, bis endlich jemand von drinnen die Anmeldeliste organisiert.

Die Individualtouristen, die keine Führung gebucht haben, müssen umkehren. Im Schnitt kommen jeden Tag mehr als 8000 Besucher, weil es aber Montag ist und schlecht Wetter, dürften es weniger sein als sonst, schätzt das Wachpersonal.

Hinweisschilder gibt es nicht

Ärgerlich scheint kaum einer der Abgewiesenen zu sein, "nur ein bisschen enttäuscht", wie David Heyman aus Schweden. Er war am Sonntagabend schon hier, sagt er, sei aber wegen der langen Warteschlange wieder umgekehrt. "Das war wohl keine gute Idee." Wie er zeigen die meisten Touristen Verständnis, vorausgesetzt, sie erfahren überhaupt, was los ist. Denn Hinweisschilder gibt es keine, und mit Auskünften sind die Wachleute mehr als zurückhaltend.

Ob die schwer bewaffneten Beamten, die ums Gebäude patrouillieren, die Polizisten, die einen Fotografen selbst auf der Außenseite des Zauns keinen Schritt allein lassen, wirklich mehr Sicherheit bringen?

Corinna Veit, die eine Bekannte im Bundestag besuchen will, ist da nicht sicher. Sie fühle sich ohnehin nicht bedroht. Die Kontrollen und Polizeipräsenz könnten vielleicht bis zu einem gewissen Grad helfen, sagt sie. "Aber wahrscheinlich bringt es mehr fürs Gefühl als für die tatsächliche Sicherheit."

© SZ vom 23.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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