Terroristen:Dosen, Schuhe, Unterhosen

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SZ-Grafik (Foto: hz)

Immer wieder versuchen Islamisten, Bomben in Flugzeugen zu zünden. Meistens sind sie gescheitert.

Von Paul-Anton Krüger

Ein voll besetztes Passagierflugzeug vom Himmel zu bomben - für viele Terrorgruppen ist dies bis heute das große Ziel. Die Aufmerksamkeit ist riesig: die vielen Toten, die Angst, die Verunsicherung der auf Mobilität angewiesenen modernen Gesellschaften im Westen, nicht zuletzt die potenziellen volkswirtschaftlichen Folgeschäden. Der bekannteste Anschlag dieser Art ist das Attentat auf Pan-Am-Flug 103 von London nach New York über dem schottischen Lockerbie am 21. Dezember 1988, für den vermutlich der Geheimdienst des damaligen libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi verantwortlich war, auch wenn bis heute nicht alle Widersprüche aufgeklärt sind. 270 Menschen starben damals.

Zuletzt traf der Terror am 31. Oktober 2015 einen russischen Charterflieger auf dem Weg vom ägyptischen Badeort Scharm el-Scheich nach Sankt Petersburg. Noch über dem Sinai explodierte eine Bombe an Bord und riss alle 224 Insassen in den Tod. Der ägyptische Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat nahm den Anschlag für sich in Anspruch; offenbar wurde ein Sprengsatz in einer Getränkedose von einer Person in die Kabine geschmuggelt, die Zugang zum Sicherheitsbereich des Flughafens hatte. Der Tourismus und die gesamte Wirtschaft in Ägypten leiden bis heute unter den Folgen. Obwohl das Land seine Flughafensicherheit drastisch verschärft hat, gibt es bis heute keine Flüge nach Russland; auch die britischen Chartergesellschaften sind bislang nicht zurückgekehrt.

Seit 2001 versucht die Terrorgruppe al-Qaida den Anschlägen vom 11. September ein spektakuläres Attentat folgen zu lassen. Im Dezember 2001 wollte der sogenannte Schuhbomber Richard Reid eine Maschine auf dem Flug von Paris nach Miami mit einem Sprengsatz aus den Substanzen PETN und TATP in die Luft jagen. Beide Stoffe hatte er in seinen Schuhen verborgen. Die damaligen Detektoren konnten die Stoffe nicht erkennen - was sie für al-Qaida über Jahre zur ersten Wahl machte. Seither müssen Passagiere in vielen Ländern Schuhe durch den Handgepäck-Scanner geben - dabei würden ein Zünder oder unnatürliche Hohlräume auffallen.

Im Jahr 2006 deckten die britischen Sicherheitsbehörden einen Plan von Terroristen mit Verbindungen zu al-Qaida auf, TATP in Getränkedosen an Bord von Transatlantikflügen zu schmuggeln. Die Folge war das bis heute geltende Verbot, Behälter mit Flüssigkeiten von mehr als 100 Milliliter Inhalt an Bord zu bringen. Am ersten Weihnachtsfeiertag 2009 versuchte der als Unterhosenbomber bekannt gewordene Umar Farouk Abdulmutallab, auf einem Flug von Amsterdam nach Detroit in seiner Unterwäsche verborgenes PETN zu zünden, das weder am Ausgangsflughafen in Ghana noch beim Umsteigen in Amsterdam gefunden worden war. Abdulmutallabs Plan scheiterte. Seine Kontakte zu al-Qaida im Jemen und dem radikalen US-Prediger Anwar al-Awlaki richteten die Aufmerksamkeit der Geheimdienste verstärkt auf den dortigen Ableger der Terrortruppe.

Im Oktober 2010 gelang es dieser Gruppe, zwei zündfähige Bomben, wiederum aus dem Sprengstoff PETN, in Kartuschen von Laserdruckern an Bord von Flugzeugen zu schmuggeln. Sie sollten über der US-Ostküste detonieren, wurden aber nach einem Tipp des saudischen Geheimdienstes in Großbritannien und den Vereinigten Arabischen Emiraten abgefangen. Sie waren zu dem Zeitpunkt allerdings schon unbemerkt an Bord von mehreren Passagier- und Frachtmaschinen transportiert worden und beim Umladen unter anderem am Flughafen Köln-Bonn nicht aufgefallen.

Am 2. Februar 2016 misslang ein Anschlag auf spektakuläre Weise. Ein Selbstmordattentäter hatte in Somalias Hauptstadt Mogadischu eine Bombe an Bord eines Daallo-Airlines-Fluges nach Dschibuti geschmuggelt. 20 Minuten nach dem Start riss sie in 4300 Meter Höhe ein Loch in die Hülle des Flugzeugs, groß genug, dass der Mann hinausgesogen wurde. Die Maschine konnte notlanden. Der Mann soll zu der mit al-Qaida verbundenen Terrorgruppe al-Shabaab gehört haben. Er hatte offenbar die Sicherheitskontrolle in einem Rollstuhl sitzend umgangen und erhielt danach seinen Laptop anstandlos zurück. In dessen Akku soll der Sprengsatz versteckt gewesen sein.

© SZ vom 23.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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