Terrorismus:Kampf gegen den IS: Deutschland hat verstanden

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Abdelhamid Abaaoud, der Drahtzieher der Anschläge von Paris, mit einer Flagge des sogenannten Islamischen Staats. (Foto: dpa)

Mit dem Einsatz der Bundeswehr macht sich die Bundesrepublik nicht zum Feind der Islamisten. Sie ist es schon längst.

Von Daniel Brössler

Nach den Pariser Terroranschlägen hat Frankreich seine europäischen Partner mit der Ausrufung des EU-Bündnisfalles überrascht. Weil der fast vergessene Absatz 7 des Artikels 42 aus dem Lissabon-Vertrag nie vorher genutzt worden ist, waren die Konsequenzen für die Verbündeten nicht abzusehen. Zunächst sah es so aus, als würden die Franzosen sich mit Entlastung etwa bei Einsätzen in Afrika zufriedengeben. Frankreichs Präsident François Hollande aber hat klargemacht, dass er von engen Freunden in der Not mehr erwartet. Nach dem Besuch von Kanzlerin Angela Merkel in Paris zögert die Bundesregierung nun nicht länger mit der Antwort: Wir haben verstanden.

Bisher hatte sich Deutschland am Kampf gegen die Terror-Islamisten in einer Weise beteiligt, die als doppelt nützlich bezeichnet werden kann. Die Bewaffnung und Ausbildung der kurdischen Peschmerga im Nordirak erwies sich als effektiv. Diesen Beitrag der Deutschen wissen die Anti-IS-Koalitionäre zu schätzen. Als nützlich erwies sich diese Art der Hilfe ohne direkte oder indirekte Beteiligung an Luftangriffen aber auch für die Beruhigung der heimischen Diskussion. Es wirkte so, als sei Deutschland beim gefährlichen Krieg zwar dabei, aber nicht so ganz. Diese Ambiguität ist mit den Terroranschlägen von Paris unhaltbar geworden. Wenn die Bundesregierung nun Aufklärungs- Tornados ins Kriegsgebiet schickt, so folgt sie genau dieser Einsicht.

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Warnungen vor einer steigenden Terrorgefahr für Deutschland wären nun erstens fragwürdig und zweitens entlarvend. Fragwürdig, weil Deutschland von den islamistischen Kriegern längst als Feind identifiziert worden ist. Zu ergründen, ob deutsche Aufklärungsflugzeuge den unbändigen Hass nun noch einmal steigern, wäre müßig. Und es liefe auf das entlarvende Eingeständnis hinaus, dass sich die Deutschen von weniger Beteiligung in Syrien mehr Sicherheit versprochen haben. Dabei kann doch keiner mehr allen Ernstes die Hoffnung hegen, sich vor dem Terror einfach verstecken zu können.

Die Einsicht, dass die Terrormiliz, die sich Islamischer Staat nennt, mit militärischen Mitteln besiegt werden muss, ist im Übrigen auch in Berlin alles andere als neu. Die Wiener Verhandlungen sollen ja genau das: eine Lage schaffen, in der die Terrorarmee überhaupt erst besiegbar wird. Ohne die Suche nach einem Arrangement für Syrien ist die Teilnahme am Krieg zwecklos. Doch ohne den deutlich verstärkten militärischen Kampf gegen den Islamischen Staat wird auch die Suche nach einer politischen Lösung vergebens bleiben. Auch in dieser Hinsicht ist die deutsche Verstärkung ein wichtiges Signal, das andere Europäer unter Druck setzen dürfte.

Die Europäische Union ist in ihrer Geschichte nichts weniger gewesen als eine Verteidigungsgemeinschaft. In der Stunde ihres größten Selbstzweifels überrascht sie sich nun womöglich selbst: dann, wenn es ihr gelingt, die von Frankreich eingeforderte - auch - militärische Solidarität mit Leben zu erfüllen.

© SZ vom 27.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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