Terrorismus: Bomben in Flugzeugen:Die Agenten des Prinzen

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Eine bessere Basis als der Jemen ist für al-Qaida nicht zu finden. Auch der der mutmaßliche Konstrukteur der "Druckerbomben" ist dort untergetaucht. Wie die Saudis aus dem Nachbarland die Terroristen mit Hilfe eines dichten Agentennetzes jagen.

Tomas Avenarius

Ibrahim Hassan al-Asiri, der mutmaßliche Konstrukteur der "Druckerbomben", ist Experte: Der Al-Qaida-Mann soll schon den Sprengstoff für den Unterhosenbomber Omar Faruk Abdul Mutallab gemischt haben, der 2009 über Detroit einen US-Jet sprengen wollte. Asiri, ein im Jemen untergetauchter Saudi, soll sogar seinen eigenen Bruder Abdallah als lebende Bombe präpariert haben: Der sprengte sich 2009 in die Luft, als er als angeblich reuiger Terrorist von Prinz Mohamed bin Nayef empfangen wurde. Doch der Prinz, zuständig für Saudi-Arabiens Anti-Terror-Programm, überlebte. Und er macht weiter Jagd auf Asiri und al-Qaida.

Ibrahim Hassan al-Asiri, der mutmaßliche Konstrukteur der "Druckerbomben". (Foto: dpa)

Eine bessere Basis als der Jemen wäre für die dort und in Saudi-Arabien aktive "al-Qaida auf der arabischen Halbinsel" kaum zu finden: Das Land ist gebirgig, die Zentralregierung kontrolliert es unzureichend, die mächtigen Stämme sind ihre eigenen Herren. Der lokale Islam ist konservativ, und die sozialen Probleme sind so groß, dass sich für wenig Geld Kämpfer unter den jungen Männern finden lassen. Hinzu kommt die 1100 Kilometer lange, löchrige Grenze zu Saudi-Arabien: Das dortige Königshaus ist zwar der Erzfeind der Terrororganisation. Die geistigen Wurzeln von al-Qaida liegen aber ebenso in Saudi-Arabien.

Für Riad stellt die länderübergreifende "al-Qaida auf der arabischen Halbinsel" ebenso eine Bedrohung dar wie für die jemenitische Regierung. Ein guter Teil der Militanten sind Saudis, und das "korrupte Königshaus" ist Lieblingsgegner von Qaida-Gründer Osama bin Laden - einem Saudi mit familiären Wurzeln im Jemen. Riads Geheimdienste hatten Muslim-Militante wie bin Laden als Gotteskrieger im Afghanistan-Krieg gegen die Sowjets unterstützt; auch die meisten 11.-September-Attentäter waren Saudis. Erst nachdem al-Qaida zur Bedrohung für das Regime wurde, vollzog Riad einen strikten Kurswechsel: Inzwischen werden Militante unter Führung von Prinz Nayef rücksichtslos verfolgt. Deswegen wechselten die meisten Militanten von Saudi-Arabien in den Jemen. Dort schlossen sich die beiden nationalen Gruppen zur "al-Qaida auf der arabischen Halbinsel" zusammen.

Prinz Nayef soll nicht nur ein dichtes Agentennetz in Saudi-Arabien, sondern auch im Nachbarstaat aufgebaut haben. Dank der forcierten Zusammenarbeit mit den jemenitischen Diensten sowie der Luftüberwachung durch US-Satelliten und Drohnen dürften Nayefs Leute inzwischen besser wissen, was im unruhigen Nachbarstaat passiert: Der entscheidende Hinweis auf die "Druckerbomben" soll aus Riad gekommen sein. Kurz zuvor hatten saudische Behörden gewarnt, dass al-Qaida Anschläge in Frankreich, England oder Deutschland plane. Hinzu kommt Nayefs "Terroristen-Rehabilitations-Programm": Militante, die sich stellen, werden von Islam-Gelehrten und Psychologen in die Gesellschaft zurückgeführt. Auch wenn das nicht immer funktioniert, dürften die Dienste auf diese Weise jede Menge Informationen bekommen.

Das Hauptproblem im Kampf gegen al-Qaida bleibt aber neben der bis heute extrem konservativen Wahabi-Ausrichtung des saudischen Islams die soziale Ungerechtigkeit, die in beiden Staaten herrscht. Der Jemen ist das ärmste arabische Land; im ölreichen Saudi-Arabien wird die soziale Ungerechtigkeit durchein starkes Wachstum der Bevölkerung verschärft und macht so die Parolen von al-Qaida attraktiv.

© SZ vom 02.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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