Terroranschlag in Moskau:Vier Verdächtige in Untersuchungshaft

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Einer der Verdächtigen wird zur Anhörung gebracht. (Foto: Alexander Zemlianichenko/AP)

Nach dem Anschlag bei Moskau präsentieren russische Ermittler Tatverdächtige mit übel zugerichteten Gesichtern. Russlands Regierung zweifelte zumindest öffentlich lang, dass der IS für die Tat verantwortlich sein soll.

Die Verantwortung für den Anschlag auf Besucher eines Konzerts bei Moskau ist aus Moskaus Sicht geklärt. "Wir wissen, dass das Verbrechen von radikalen Islamisten begangen wurde", sagte Putin laut der Nachrichtenagentur dpa am Montagabend. Die russische Führung hatte zuvor lange Zweifel daran geäußert, dass die radikalislamische IS-Miliz für die Tat verantwortlich sein soll, bei der mindestens 137 Menschen getötet und mehr als 180 weitere verletzt wurden. Es gab ein Bekennerschreiben des IS und Hinweise, die auf eine Täterschaft des "Islamischen Staates Provinz Khorasan" hindeuteten, eines IS-Ablegers mit Basis in Afghanistan. Russlands Präsident hatte am Wochenende noch eine Verbindung zur Ukraine gezogen.

Vier mutmaßliche Attentäter wurden dem Haftrichter vorgeführt, ihnen drohen lebenslange Haftstrafen. Drei der Männer sollen sich Medienberichten zufolge schuldig erklärt haben. Die Angeklagten wurden von vermummten Sicherheitskräften ins Gericht in Basmanny, einem Stadtteil der russischen Hauptstadt, gebracht und mit deutlich sichtbaren Blutergüssen, Schwellungen, Schürf- und Platzwunden in Glaskäfigen platziert. Einer von ihnen war offensichtlich nicht mehr in der Lage zu gehen und saß mit geschlossenen Augen festgeschnallt in einem Krankenstuhl. Ein anderer hatte einen wenig fachmännisch wirkenden Verband am rechten Ohr. Vor dem Gerichtstermin waren Videoaufnahmen im Netz verbreitet worden, die zeigen sollen, dass die festgenommenen Männer gefoltert wurden und einem von ihnen gar ein Ohr abgeschnitten wurde. Ob die Aufnahmen authentisch sind, ließ sich bislang nicht unabhängig überprüfen. Menschenrechtler haben die mutmaßliche Folter der Tatverdächtigen durch russische Sicherheitskräfte verurteilt.

Nach der Tat gab es insgesamt elf Festnahmen. Vier der Verdächtigen gelten als die eigentlichen Todesschützen - sie sind diejenigen, die nun dem Haftrichter vorgeführt wurden. Sie waren am Wochenende im russischen Grenzgebiet Brjansk festgenommen und nach Moskau gebracht worden.

Auf Vorwürfe, wonach Russlands Spezialdienste versagt hätten, entgegnete Kreml-Sprecher Dimitrij Peskow am Montag, "dass keine Stadt und kein Land vollständig immun gegen die Bedrohung des Terrorismus ist". Der Kampf gegen den Terrorismus sei "ein fortlaufender Prozess, der eine umfassende internationale Zusammenarbeit erfordert". Diese Zusammenarbeit werde "in keiner Weise vollständig umgesetzt". Die USA hatten Russland nach eigenen Angaben zwei Wochen zuvor über Geheimdiensterkenntnisse informiert, wonach in Moskau womöglich ein Angriff bevorstehe. Die US-Botschaft hatte außerdem öffentlich gewarnt.

Unterdessen hat Frankreich die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen. Staatspräsident Emmanuel Macron zufolge hat derselbe Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat zuletzt auch in Frankreich versucht, Anschläge zu verüben. Ende Juli beginnen in Paris die Olympischen Spiele. Frankreich dürfte mit Blick auf das Großevent besondere Vorsicht walten lassen.

© SZ/Reuters/dpa/tass/SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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