Technischer Wandel:Schattenseite

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Die Art, Helligkeit zu schaffen, hat sich sehr verändert. Wo vor zehn Jahren noch Glühbirnen verbreitet waren, erstrahlen heute Dioden. Für den Energieverbrauch ist dies ein Fortschritt, viele Menschen aber kostet diese Entwicklung ihre Stelle.

Von Thomas Fromm

Wer ein Gefühl für die gute alte Zeit des Lichts bekommen möchte, der muss zum Karlsplatz-Rondell in München fahren, dem Stachus. Hier hängt noch die alte, leuchtende Schrift, gleich über dem alten Kino "Gloria-Palast". Es ist eine Botschaft aus einem anderen Jahrhundert: "Osram. Hell wie der lichte Tag". Der Slogan stammt aus den Fünfzigerjahren. Osram, ein 1918 in Berlin gegründetes Unternehmen, leitete seinen Namen aus zwei Metallen ab: Osmium und Wolfram. Das war nicht zufällig gewählt. Aus beiden Materialien wurde der für die Lampen wichtige Glühdraht hergestellt. Lange, bevor sich Menschen digitale LED-Wechselrahmen mit ihren Urlaubsbildern auf die Wohnzimmerkommode stellten.

Jahrzehntelang dominierten drei Hersteller den Markt weltweit

Jahrzehntelang war Osram eines von drei Unternehmen, die den weltweiten Markt für Glühbirnen weitgehend beherrschten. Neben Osram ragten der niederländische Hersteller Philips und der US-Konzern General Electric (GE) heraus. Wo immer eine Glühbirne in der Welt brannte, war es wahrscheinlich, dass sie von einem der drei Konzerne kam.

Später gehörte Osram zu Siemens, dem GE-Hauptkonkurrenten, vor einigen Jahren begann dann der große Umbau. Zuerst trennte sich Siemens von Osram. Dann, im Frühjahr dieses Jahres, verkaufte Osram sein traditionelles Leuchtengeschäft unter dem Namen "Ledvance" samt seinen 9000 Mitarbeitern an einen chinesischen Investor, für 500 Millionen Euro. Ledvance - über dem Karlsplatz-Rondell hätte sich dieser Name irgendwie nicht gut gemacht. Von Siemens zurück zu Osram und weiter zu Ledvance nach China - der Weg der Osram-Glühlampe steht stellvertretend für den großen, technologischen Wandel. Um 2010 herum setzten die Leuchtenhersteller noch auf die Energiesparlampe. Doch dann entwickelte sich die LED-Technologie schneller als gedacht - ihr gehört nun die Zukunft, sagen die Experten. Das dachten sich auch die Manager bei Osram und setzen nun vor allem auf LEDs. Erst vor wenigen Wochen eröffnete Osram eine große LED-Fabrik in Malaysia. Aus dem einstigen Lampenhersteller wird gerade ein Hightech-Anbieter für LED-Lampen.

LED-Lampen verbrauchen wesentlich weniger Energie als klassische Glühbirnen, und sie sollen, so das Versprechen der Industrie, Jahrzehnte halten können. Wozu also noch auf die ineffizienten Glühlampen setzen, die einen Großteil der Energie als Wärme abgeben, statt sie in Licht umzuwandeln, zumal die alte Leuchte ohnehin seit 2009 im Zuge einer europäischen Richtlinie Schritt für Schritt vom Markt genommen wurde. Bei Osram ist man überzeugt: Der Markt für Glühbirnen und Leuchtstoffröhren kommt ans Ende seiner Tage. Wenn alles auf energiesparende LED-Technik setzt, dann ändert dies auch den Markt und seine Konzerne.

Als das Geschäft mit den Glühbirnen verkauft wurde, schwärmte Osram-Chef Olaf Berlien von einem "Meilenstein für Osram in seiner Aufstellung hin zum High-Tech-Unternehmen". Osram habe den "besten Eigentümer" für sein Lampengeschäft gefunden. Natürlich war da klar: Berlien hatte es eilig, das alte Geschäft abzustoßen. Hell leuchten soll seine Firma schon, aber künftig bitte mit Leuchtdioden und nicht mehr mit Glühbirnen.

Das alles hat Folgen für die Beschäftigten. Schon unter Osram wurden kräftig Jobs abgebaut. Erst im November kündigte Ledvance nun an, mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze in Deutschland streichen zu wollen. Es geht um insgesamt 1300 Jobs. Neben dem Augsburger Stammwerk soll auch die Fabrik in Berlin dichtmachen. Standorte weg, Jobs weg, Glühlampen aus. Was bleibt, ist diese Schrift am Münchner Karlsplatz. "Hell wie der lichte Tag".

© SZ vom 23.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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