SZ-Serie: Der Weg nach Berlin:Ein Foto

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Auf dem CDU-Parteitag in Hannover kann der Politiker Charles Huber endlich zeigen, was er in den vergangenen Monaten gelernt hat. Doch viele Delegierte sehen in ihm trotzdem noch den Schauspieler und bitten um Erinnerungsfotos.

Von Silke Bigalke

Politiker "sind doch alle gleich", lautet das Pauschalurteil vieler Deutscher. Sind sie nicht. Die Süddeutsche Zeitung begleitet bis zur Bundestagswahl 2013 sieben Menschen aus sieben Parteien auf ihrem Weg in die Politik - Fehler, Rückschläge und Niederlagen inklusive.

Er genießt es, mal wieder unterwegs zu sein. Hände zu schütteln. Fotos zu schießen und zu plaudern mit Fans. Oder sind es Parteifreunde? Wahrscheinlich: beides. Auf dem CDU-Parteitag in Hannover kann Charles Huber am Dienstag dieser Woche jedenfalls einflechten, was er gelernt hat in den vergangenen Monaten. Da büffelte er, der gebürtige Münchner, hessische Kommunalpolitik. Zuerst mit Sorgen: "Wie schaffe ich das, mir das alles einzuverleiben?" Nicht, dass es als Politiker mit Auswendiglernen getan wäre. Doch so ganz fremd ist das für einen Schauspieler ja nicht: sich stundenlang in fremde Texte zu versenken. Inzwischen ist er im Stoff.

Huber sitzt am CDU-Stand vor dem Saal, dort spricht er über Kinderbetreuung und die Rede der Kanzlerin. "Merkel definiert sich über Inhalte, deswegen mag ich sie", sagt er, lobt "die leisen Töne", die "Zwischentöne und Pausen". Im Prinzip mag er die Zurückhaltung der Parteivorsitzenden, wenn es um ihre Verdienste geht. "Es ist ein niederbayerisches und christliches Erziehungskonzept, dass man sich in Selbstdarstellung zurückhält", sagt Huber. Einerseits. Andererseits gefällt ihm aber auch, wie Merkel in Hannover ihre Regierung erneut die erfolgreichste seit der Wiedervereinigung nennt. "Sie könnte ruhig mehr aus sich herausgehen."

Das Gespräch wird unterbrochen. "Mein Abgeordneter hätte gerne ein Foto", bittet einer. Drei CDU-Frauen hören gar nicht auf zu knipsen. Huber entschuldigt sich für die Unterbrechung. Aber er freut sich auch, dass die CDU ihn so erkennbar will, hier auf dem Parteitag ebenso wie in Darmstadt. Schließlich war nicht von vornherein klar, dass sie ihn in Darmstadt mit 94 Prozent als Bundestagskandidaten nominieren würde, ihn, den Bayern, den Ex-Sozi, den Schauspieler.

Huber gibt an, dass er in der Stadt nun zwei Spitznamen hat. Der erste: "Bayerischer Heiner". Dazu muss man wissen, dass der Darmstädter als solcher den Spitznamen "Heiner" trägt, aber nur, sofern er dort geboren ist. Huber sagt, das zeige, wie integriert er schon sei. Der zweite Spitzname: "Bayerischer Obama". Weil er dieselbe Hautfarbe hat. Na gut, ein bisschen hochgegriffen, findet der Kandidat auch.

Auf CDU-Parteitagen war Huber schon oft, sagt er. Schließlich habe er Merkel schon im Wahlkampf 2009 unterstützt. Er sitzt meistens vor den Delegierten, im Gästeblock; in Hannover ist sein Platz in der zweiten Reihe. Die hessische CDU, zu der Huber jetzt gehört, sitzt ein paar Reihen weiter hinten. Er hat sich nicht darum beworben, zum Delegierten gewählt zu werden, er fragt sich, ob er das automatisch sein werde, falls ihm der Einzug in den Bundestag gelingt. Er ist hier, um die Debatten anzuhören, die Beschlüsse zu kennen, die Stimmung in der Partei zu spüren, Termine abzusprechen. Netzwerken wolle er nicht. Braucht er auch nicht, die meisten Leute kennen ihn sowieso.

Als sie über steuerliche Gleichstellung homosexueller Paare diskutiert, ist dieser Zuhörer aber schon weg, Termine in Berlin. Er hat auch wenig geschlafen, der Tag zuvor war sein Geburtstag, der bayerische Heiner wurde 56. Er hat ihn mit seinem jüngsten Sohn in Berlin gefeiert. Sie waren im Augustiner.

© SZ vom 08.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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