Syrien-Konflikt:Moskau soll von Assad abrücken

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Die Außenminister der wichtigsten Industrienationen kritisieren Russlands Unterstützung für den Machthaber. Washington gibt dem Kreml eine Mitschuld am Chemiewaffenangriff.

Von Dunja Ramadan und Sacha Batthyany, München/Washington

Nach dem Giftgasangriff in der syrischen Provinz Idlib wollen westliche Staaten den russischen Präsidenten Wladimir Putin von seiner Unterstützung für den syrischen Machthaber Baschar al-Assad abbringen. Der Westen macht Assad für den Angriff auf die von Rebellen kontrollierte Kleinstadt Khan Scheikhun verantwortlich. Im Vorfeld des G7-Außenministertreffens im italienischen Lucca kritisierten zahlreiche Minister Russlands Syrienpolitik. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) forderte, Russland von seiner "unverbrüchlichen Treue gegenüber Assad" abzubringen. Putin müsse "verstehen, dass Assad jetzt in jeder Hinsicht giftig ist", sagte der britische Außenminister Boris Johnson. Aus Protest hatte Johnson einen für Montag geplanten Besuch in Moskau kurzfristig abgesagt.

Auch US-Außenminister Rex Tillerson kritisierte Russland scharf. Kurz vor seinem Antrittsbesuch in Moskau sagte er, Russlands Passivität habe den Giftgasangriff erst ermöglicht, "denn jedes Mal, wenn wieder eine dieser grausamen Attacken geschieht, wie jüngst in Idlib, wächst auch die Verantwortung des Kremls". Tillerson nannte Russland "unfähig", da Moskau es versäumt habe, auf die Einhaltung der Vereinbarungen von 2013 zu bestehen. Damals war unter internationaler Vermittlung verabredet worden, alle in Syrien befindlichen Chemiewaffen zu vernichten. Auch unterstrich der Außenminister, welche Rolle die USA in der Welt einnehmen wollen: "Wir verschreiben uns wieder dem Ziel, jeden in der ganzen Welt zur Rechenschaft zu ziehen, der Verbrechen an Unschuldigen verübt", sagte Tillerson.

Noch deutlicher meldete sich Nikki Haley zu Wort, die UN-Botschafterin der USA. "Wir wollen die Augen nicht länger davor verschließen, dass Russland das syrische Regime unterstützt. Wir werden es nicht mehr zulassen, dass unschuldigen Menschen solche Grausamkeiten angetan werden." Assads Absetzung, so Haley, sei eine Priorität der USA - neben dem Kampf gegen den IS und einer Verringerung des Einflusses Irans in Syrien. Tillerson und Haleys Worte markieren einen Wendepunkt in der Beziehung zwischen den Regierungen in Washington und Moskau. Donald Trump hatte im Wahlkampf und als neu gewählter Präsident signalisiert, mit Putin enger zusammenarbeiten zu wollen.

Bundesaußenminister Gabriel hofft darauf, dass Russland eine Untersuchung des Giftgasangriffs auf Khan Scheikhum ermöglichen wird. Außenminister Sergei Lawrow habe ihm dies in einem Telefonat zugesichert, so ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Eine UN-Resolution, die eine solche Untersuchung fordert, wird bislang von Moskau blockiert.

In Syrien gehen die Kämpfe weiter. Bei Luftangriffen auf die Provinz Idlib sind laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens 23 Menschen ums Leben gekommen. Unter den Toten seien fünf Kinder. In Sarakeb soll die syrische Luftwaffe laut arabischen Medienberichten vom Montag einen Phosphorangriff verübt haben. Zahlreiche Videos aus der Provinz zeigen einen Glutregen, der große Flächen in Brand steckt.

© SZ vom 11.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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