Syrien:Ein Land vor der letzten großen Schlacht

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Droht wieder ein Chemiewaffenangriff? Eine Familie in Idlib erprobt selbstgemachte Gasmasken. (Foto: AFP)

Die Provinz Idlib wartet auf den Krieg, der den Rest des Landes zerstört hat. Wie viele Menschen werden deshalb noch flüchten? Wer beherrscht die Provinz und wer die anderen Regionen Syriens? Ein Überblick in Grafiken.

Von Anna Reuß

Die an der türkischen Grenze gelegene Provinz Idlib ist das letzte größere von Rebellen kontrollierte Gebiet in Syrien - fast zwei Drittel von ihr werden von der al-Qaida nahen Gruppe Hayat Tahrir al-Scham beherrscht. Etwa drei Millionen Menschen leben in dem Gebiet, Zehntausende sind seit September bereits in andere Teile Syriens geflohen, erklärte der Regionale UN-Koordinator für Syrien, Panos Moumtzis, in Genf. Wenn die Truppen von Machthaber Baschar al-Assad ihre Offensive starten, wird wohl die letzte große Schlacht eines langen Bürgerkrieges beginnen, in dem Syriens Regime mit russischer und iranischer Hilfe weite Teile des Landes von Rebellen und Islamisten zurückeroberte.

Hunderttausende Einwohner Idlibs und dort ansässige Binnenflüchtlinge könnten ihre Häuser verlassen. Die UN warnen vor den Folgen einer solchen humanitären Katastrophe und bemühen sich um eine diplomatische Lösung. UN-Generalsekretär António Guterres warnte vergangene Woche, eine Schlacht um Idlib könne zu einem "Blutbad" geraten. Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte vor seinem Treffen mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow: "Wir wissen, was auf dem Spiel steht."

Es müssten Möglichkeiten gefunden werden, islamistische Terroristen zu bestrafen, ohne das Leben von drei Millionen Menschen zu gefährden. Die internationale Gemeinschaft steuere auf einen Abgrund menschlichen Leids zu, sagte er. Zuvor hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) appelliert: "Die internationale Gemeinschaft, auch wir, muss alles tun, damit Chemiewaffen nicht eingesetzt werden." Assad habe diese bewusst und wiederholt als Terrorinstrument gegen die eigene Bevölkerung benutzt.

Im Juli 2012 hat die syrische Regierung öffentlich eingeräumt, im Besitz chemischer Waffen zu sein. Die US-Geheimdienste waren damals bereits davon ausgegangen, dass in Syrien chemische Waffen gelagert werden, darunter Senfgas und Nervengifte wie Sarin. Untersuchungsgruppen der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) und der UN stellten fest, dass Syrien und die Terrormiliz "Islamischer Staat" in den vergangenen Jahren für zahlreiche Angriffe mit chemischen Waffen in Syrien verantwortlich waren.

Laut Angaben der UN befinden sich innerhalb Syriens mehr als 6,5 Millionen Menschen auf der Flucht, außerhalb des Landes haben sich mehr als 5,5 Millionen Menschen in Sicherheit gebracht. Von Januar bis Juli flohen innerhalb Syriens mehr als eine Million Menschen vor Gewalt und Militärangriffen. Niemals zuvor in dem seit siebeneinhalb Jahren tobenden Konflikt hat es Vertreibungen in diesem Ausmaß gegeben.

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