Syrien:Der gerettete Helfer

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Die Weißhelme bergen in den syrischen Rebellengebieten Opfer von Luftangriffen - hier ein von der Organisation veröffentlichtes Bild aus Idlib im Norden. Als Assads Armee den Süden des Landes wiedereroberte, mussten die Retter von dort fliehen. (Foto: Uncredited/dpa)

Khaled al-Saleh holte Tausende verletzte Syrer aus den Trümmern, dann musste er selbst flüchten. Warum es zwei Jahre gedauert hat, bis er nun endlich in Deutschland landen durfte.

Von Moritz Baumstieger, München

Kriegszeiten kennen keinen normalen Rhythmus, auf Dramatik folgt oft zähes Warten. Khaled al-Saleh weiß das, als lokaler Chef der Rettungsorganisation Weißhelme im Süden Syriens brachte er ein, was er im Beruf als Feuerwehrmann eingeübt hatte: Sich geduldig bereitzuhalten, um dann schnell zu handeln. Seitdem Syriens Machthaber Baschar al-Assad abtrünnige Landesteile bombardiert, um sie wieder unter Kontrolle zu bringen, haben die Weißhelme Tausende Menschen aus Trümmern gerettet.

Im Sommer 2018 mussten dann al-Saleh und seine Mitstreiter gerettet werden: Die syrische Armee drang in den Süden vor, zivile Helfer galten ihnen als Terroristen. Ausländische Unterstützer der Weißhelme wie Kanada, Deutschland, Großbritannien und Frankreich debattierten über eine Evakuierung - zu lange: Bis die Entscheidung fiel, die Retter und ihre Familien aufzunehmen, hatten Truppen die Grenze zu Jordanien schon abgeriegelt.

Israel gab grünes Licht für das Undenkbare

Was folgte, hätte Hollywood nicht dramatischer inszenieren können: Israels Premier gestattete das bislang Undenkbare, 421 Syrer durften die Grenze überqueren. Ein Baby kommt dabei unter freiem Himmel auf die Welt. Weiter geht es ins jordanische Flüchtlingscamp Azrak, nach spätestens drei Monaten sollen die Familien in ihre Aufnahmeländer ausreisen, das war Bedingung der Jordanier. Berlin will acht Familien aufnehmen, unter anderem die von Khaled al-Saleh. Doch auf die Dramatik der Rettungsaktion, bei der al-Saleh als letzter durch den Zaun schlüpfte, folgte zähes Warten.

Der Bundesverfassungsschutz, der zur Überprüfung der Aufzunehmenden angereist war, fand auf dem Handy des damals 45-Jährigen Videos, die für die deutschen Beamten "eine Nähe zu einer islamistisch-dschihadistischen Weltanschauung" nahelegten. Al-Saleh bestreitet das nicht: Um die Bergung von Verletzten zu koordinieren, war er Mitglied in quasi jeder Gruppe auf Whatsapp und Telegram von Rebellen und Aktivisten aus dem Süden Syriens - ohne Rücksicht auf deren Weltanschauung.

Jordaniens König Abdullah machte Druck auf Berlin

Dass er die Sicherheitsüberprüfung der USA, Jordaniens und Israels bestand, dessen Mediziner dank der von al-Saleh koordinierten Evakuierungen bis Mitte 2018 insgesamt 5000 verletzte Syrer behandelten, interessierte das Bundesinnenministerium nicht. Es verweigerte die Einreisegenehmigung.

Am 7. Dezember aber ist Khaled al-Saleh doch in Deutschland gelandet. Nachdem Jordanien Druck gemacht und König Abdullah bei einem Berlin-Besuch 2019 Angela Merkel angesprochen hatte, kam Bewegung in den Fall. Andere Behörden sollen laut Spiegel die Einschätzung des Verfassungsschutzes angezweifelt haben, schließlich zog das Innenministerium zurück. Und nach zweieinhalb Jahren Warten wurde al-Saleh mit seiner Familie ausgeflogen.

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