Sie umarmten sich, fast so, als sei nichts geschehen in den vergangenen Jahren. Am Samstag trafen sich Salva Kiir und Riek Machar in der südsudanesischen Hauptstadt Juba, und gelobten Frieden. Der Präsident des Südsudan Kiir umarmte Machar, der einst sein Vize-Präsident war und dann sein ärgster Feind wurde. Seit Jahren bekämpfen die beiden und ihre Armeen sich in einem brutalen Bürgerkrieg, der etwa 400 000 Menschen das Leben kostete. Jetzt soll er vorbei sein. "Das ist das Ende des Krieges. Der Frieden ist gekommen, um zu bleiben", sagte Kiir. Und Machar pflichtete ihm bei: "Wir werden dieses Land nicht zurück in den Krieg führen. Es reicht."
Wenig später wurde Machar zum ersten Vize-Präsidenten ernannt, nun schon zum dritten Mal in der noch jungen Geschichte des jüngsten Staates der Welt. Es ist das zweite Friedensabkommen seit der Unabhängigkeit des Südsudan im Jahr 2011. Jahrzehntelang hatten die mehrheitlich christlich-afrikanischen Menschen für die Loslösung vom eher arabisch-muslimischen Norden des Sudan gekämpft, der sie brutal unterdrückt und die Bodenschätze ausgebeutet hatte.
Nur zwei Jahre hielt die Hoffnung auf ein besseres Leben, dann begannen sich die einstigen Unabhängigkeitskämpfer untereinander zu bekriegen, es ging darum, wer die Macht bekommt und die Dollars aus den Ölverkäufen. Kiir kämpfte gegen Machar und die Dinka gegen die Nuer; die beiden größten ethnischen Gruppen und ihre Führer glitten in einen Strudel der Grausamkeiten, einen Kreislauf der Rache, der das Land in eine Hölle verwandelte - während eine kleine Elite die Schätze plünderte und sich Villen kaufte in Südafrika und Kenia.
Konflikte wurden bisher immer mit Waffen ausgetragen und selten mit Argumenten
Nun soll allles anders werden. Der Friedensschluss vom Wochenende ist aber höchstens der Anfang eines Prozesses, der zuvor schon oft scheitere. Entscheidend für das Gelingen sind eine gleiche Verteilung der Macht und die erfolgreiche Wiedereingliederung Zehntausender Rebellen in eine reguläre Armee. All das muss in den kommenden Monaten gelingen. Bisher wurde noch nicht einmal ein neues Kabinett verabschiedet, in dem beide Seite gleichermaßen vertreten sind. Strittig bleibt auch die Zahl der Bundesstaaten, ursprünglich waren es zehn gewesen, Präsident Machar blähte sie dann aber auf 32 auf, um all seine Unterstützer mit Gouverneursposten zu versorgen.
Nun sollen es wieder zehn werden, plus drei Sonderzonen, die aber umstritten sind, weil eine davon die ölreiche Region umfasst, um deren Reichtümer gestritten wird. Wenig Fortschritte gab es bisher auch bei Integration der Rebellen in die reguläre Armee, deren Führung so aufgebläht ist, dass das arme Land so viele Generäle besitzt wie kein anderes der Welt. Jeder General und Gouverneur, der nun im Friedensprozess einen Posten oder ein Einkommen teilen muss, ist ein potenzieller Gegner des neuen Friedens. Und Konflikte wurden im Südsudan bisher immer mit Waffen ausgetragen und selten mit Argumenten.
Der neue Friedensversuch entspringt vielleicht auch der Einsicht, dass die Menschen im Land sich nach Frieden sehnen, vor allem aber internationalem Druck. Das Abkommen wurde bereits 2018 vereinbart und sollte von März 2019 an umgesetzt werden. Die Einigung am Sonntag kam kurz vor Ablauf einer weiteren Frist, vor allem die USA hatten ständig den Druck erhöht. Ein Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres begrüßte die Bildung der Übergangsregierung, mahnte die Parteien aber zur vollständigen Einhaltung der Absprachen. Auch das Auswärtige Amt in Berlin teilte mit, bei der Reform der Sicherheitsbehörden und dem Aufbau von Rechtsstaatlichkeit müsse die neue Regierung noch viele Herausforderungen meistern. Auch die Kirchen hatten die beiden Führer immer wieder um Frieden gebeten, allen voran Papst Franziskus, der beiden Rivalen die Füße küsste und sie anflehte, sich zu einigen. Ein Besuch des Papstes wurde bisher immer wieder verschoben, dieses Jahr will Franziskus erneut einen Versuch starten.
Die neue Regierung will nun möglichst schnell die Ölproduktion wieder hochfahren, die in den vergangenen Jahren von 250 000 Barrel am Tag auf etwa 180 000 gesunken war. Das Öl ist die wichtigste und auch fast die einzige Einnahmequelle des Landes. Dem jungen Staat haben die Reichtümer bisher kein Glück gebracht. Millionen Menschen sind auf der Flucht, Hunderttausende tot.