Sudan:Wählen zwischen al-Baschir und al-Baschir

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Er wird per Haftbefehl gesucht: Sudans Präsident Omar al-Baschir. (Foto: dpa)
  • In diesem Jahr finden in mehr als einem Dutzend afrikanischer Staaten Wahlen statt, anders als in Nigeria ist im Sudan aber nicht mit einem Machtwechsel zu rechnen.
  • Die wichtigsten Oppositionsparteien boykottieren die Wahl. Sie fordern zuerst einen nationalen Dialog für einen politischen Neubeginn.
  • Oppositionelle Gruppen sind zwar nicht verboten, aber ihnen fehlen die Mittel, es mit dem Regierungsapparat aufnehmen zu können.
  • Der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Präsident Omar al-Baschir hatte für das Land schmerzhafte Folgen. Das bringt die Regierung dazu, eine zaghafte Öffnung zu betreiben.

Von Isabel Pfaff, München

Es ist Afrikas Superwahljahr. Mehr als ein Dutzend afrikanischer Staaten wählt 2015 ein neues Staatsoberhaupt, ein neues Parlament oder beides. Sambia und Nigeria haben den Anfang gemacht und auf dem Kontinent für Jubel gesorgt: In beiden Fällen kam es zum friedlichen Machtwechsel - oft gehandelt als Ausweis echter Demokratie. Jetzt ist der Sudan an der Reihe, und die meisten Beobachter sind sich einig: Gründe zum Jubeln wird es diesmal wohl keine geben.

Am Montag hat die Wahl in dem nordostafrikanischen Land begonnen. Die Sudanesen sind aufgerufen, ihr Staatsoberhaupt und die beiden Parlamentskammern zu bestimmen; bis Mittwoch haben sie Zeit dafür. Überraschungen erwartet kaum jemand.

Die wichtigsten Oppositionsparteien boykottieren die Wahl

Der seit 26 Jahren autoritär regierende Präsident Omar al-Baschir sieht sich zwar 14 Herausforderern gegenüber, aber die wichtigsten Oppositionsparteien des Landes boykottieren die Wahl. Sie werfen dem Präsidenten und seiner National Congress Party (NCP) vor, das politische System derart zu dominieren, dass ein echter Wettbewerb nicht möglich sei. Zwar sind oppositionelle Gruppen im Sudan nicht verboten, doch ihnen fehlen die Mittel, um es mit dem Regierungsapparat aufnehmen zu können. Von wirklich freier Presse kann zudem keine Rede sein; auch Regierungskritiker landen immer wieder im Gefängnis.

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Sudans Langzeit-Herrscher Al-Baschir steht vor seiner Wiederwahl zum Präsidenten. Eine echte Alternative gibt es nicht.

Hinzu kommt der Krieg. An zwei inneren Fronten bekämpft die Regierung Aufständische, zum Teil seit mehr als zehn Jahren: in der westsudanesischen Darfur-Region und im Süden, an der Grenze zum 2011 unabhängig gewordenen Staat Südsudan. In beiden Fällen geht es letztlich darum, dass die Bewohner dieser Regionen sich gegen die arabisch-muslimisch geprägte Zentralregierung auflehnen und nach Autonomie streben - was das Regime in Khartoum gewaltsam unterdrückt.

Den tödlichen Feldzug gegen die Bevölkerung in Darfur quittierte die internationale Gemeinschaft mit einem Haftbefehl: Seit 2009 ist Baschir - als erster amtierender Staatschef - wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag angeklagt. An eine Auslieferung denkt in Khartoum natürlich keiner, doch der Preis dafür ist hoch und wirtschaftlich schmerzhaft: die internationale Isolation.

Zum Erstaunen der meisten Beobachter scheint diese Isolierung langsam Wirkung zu zeigen: Im Januar 2014 rief Präsident Baschir einen nationalen Dialog aus. Zusammen mit der Opposition, zivilgesellschaftlichen Gruppen und sogar den bewaffneten Rebellen wollte die Regierung darüber beraten, wie man das Land zur Zufriedenheit aller gestalten sollte. Die Afrikanische Union sollte diese Gespräche vorbereiten und moderieren. "Dieser Schritt macht Hoffnung", sagt Annette Weber, Sudan-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. "Und er zeigt, dass die Regierung eingesehen hat, dass es ohne eine Öffnung nicht geht." Der wirtschaftliche Druck durch die US-Sanktionen spiele dabei natürlich eine große Rolle. Doch inzwischen, so Weber, sehe die Regierung auch politische Vorteile in einer Öffnung. "Unterdrückung und Krieg ist nun mal kein Muster, mit dem man gut und lange regieren kann."

Interesse an den Wahlen ist gleich null

Nun aber hat die Regierung Wahlen angesetzt, obwohl der nationale Dialog noch nicht einmal richtig begonnen hat - der zentrale Grund für die Opposition, die Abstimmung zu boykottieren. Sie hatte gefordert, die Wahlen so lange zu verschieben, bis man sich im Rahmen der Gespräche auf einen Neuanfang geeinigt hätte. "Die Wahlen bedeuten natürlich einen herben Rückschlag für den Dialog", sagt Weber. Der globale Westen, der den Sudan gern als Verbündeten in der Region Nordafrika sähe und das Tauwetter im vergangenen Jahr deshalb erfreut registrierte, zieht sich angesichts dessen nun wieder zurück.

Einschätzung von Unicef
:12 000 Kindersoldaten kämpfen im Südsudan

Die Jungen würden "zusammengetrieben und an die Front geschickt": Mindestens 12 000 Kinder werden laut Unicef im Südsudan als Soldaten eingesetzt. Entführer seien sowohl die Regierung als auch Rebellen.

"Das sudanesische Volk verdient etwas Besseres", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini vergangene Woche. Die anstehenden Wahlen könnten "kein glaubwürdiges und legitimes Ergebnis" bringen.

Dem stimmt auch Analystin Weber zu. Das Interesse an der Abstimmung sei gleich null - national und international. Doch die Gesellschaft im Sudan sei nicht so geschlossen wie in anderen Staaten am Horn von Afrika. Annette Weber ist deshalb zuversichtlich: "Der Dialog ist nicht tot, er liegt nur auf Eis."

© SZ vom 14.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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