Schottland:Ex-Regierungschefin Sturgeon für sieben Stunden festgenommen

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Die frühere schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon. (Foto: Pool/Reuters)

Mehr als 600 000 Pfund, die für die Kampagne zur Unabhängigkeit gespendet wurden, sollen von der Schottischen Nationalpartei für andere Zwecke eingesetzt worden seien. Die frühere Vorsitzende beteuert ihre Unschuld.

Wenige Monate nach ihrem Rücktritt ist die frühere schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon kurzzeitig festgenommen worden. Die 52-Jährige wurde am Sonntag in Gewahrsam genommen und von Ermittlern als Verdächtige befragt, kam nach gut sieben Stunden aber wieder auf freien Fuß. Gegen sie seien keine formellen Anschuldigungen erhoben worden, teilte die Polizei am Abend mit. Die Ermittlungen zu finanziellen Ungereimtheiten in ihrer Partei dauerten weiter an.

In einer Erklärung beteuerte Sturgeon kurz darauf ihre Unschuld. Sich in der Situation wiederzufinden, in der sie sich am Sonntag befunden habe, sei ein Schock und zutiefst erschütternd. "Unschuld ist nicht nur eine Vermutung, die dir gesetzlich zusteht. Ich weiß ohne jeden Zweifel, dass ich in der Tat unschuldig bin", schrieb Sturgeon. Sie brauche nun ein oder zwei Tage, um die jüngsten Entwicklungen zu verarbeiten. Dann habe sie vor, bald zurück im Parlament zu sein, um ihren Wahlkreis weiter zu vertreten.

Zunächst hatte die Polizei am Sonntag gemeldet, dass sich eine 52 Jahre alte Frau in Gewahrsam befinde und verhört werde. Ein Sprecher Sturgeons bestätigte, dass es sich um die Politikerin handelt - und er betonte, die Politikerin habe stets deutlich gemacht, dass sie bei den Ermittlungen kooperieren werde, wenn ihre Mitwirkung nötig sei. Der Fall hängt mit den Untersuchungen den Finanzen der Schottischen Nationalpartei (SNP) zusammen, deren Vorsitzende Sturgeon bis vor Kurzem war.

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Die Polizei Schottland untersucht laut Guardian Vorwürfe, wonach mehr als 600 000 Pfund (mehr als 700 000 Euro), die für die Kampagne zur schottischen Unabhängigkeit gespendet wurden, für andere Zwecke eingesetzt wurden. In dem Zusammenhang war Anfang April auch Sturgeons Ehemann kurzzeitig festgenommen und befragt worden.

Nicola Sturgeon hatte im Februar überraschend ihren Rücktritt als Regierungschefin und SNP-Vorsitzende angekündigt. Dabei verwies sie vor allem auf körperliche und psychische Belastungen, die sie als Regierungschefin erfahren habe. Insbesondere während der Corona-Pandemie sei ihr die für den Job nötige Energie zunehmend abhandengekommen. Die 52-Jährige hatte im November 2014 als erste Frau das Amt als "First Minister" übernommen. Sie war die am längsten amtierende schottische Regierungschefin.

Sturgeons Nachfolger an der Spitze von Partei und Regierung ist seit Ende März Humza Yousaf. Wie seine Vorgängerin will er Schottland in die Unabhängigkeit führen. Die britische Regierung in London und der Oberste Gerichtshof wiesen bisher das Ansinnen der SNP ab, die Schotten erneut in einem Referendum über eine Loslösung vom Vereinigten Königreich entscheiden zu lassen.

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