Studienplatzvergabe:Wirrwarr um Hochschulzugang

Lesezeit: 2 min

Das Portal für zentrale Vergabe von Studienplätzen erfüllt immer noch nicht seinen Zweck. Doch eine gute Neuigkeit gibt es.

Von Johann Osel, München

Drei Jahre nach dem offiziellen Start erfüllt das zentrale Portal für die Vergabe von Studienplätzen noch immer nicht seinen Zweck - es kann aber nun mehr teilnehmende Hochschulen verzeichnen. Dies geht aus einem Schreiben hervor, mit dem sich die Führungsriege der zuständigen Stiftung Hochschulzulassung an alle Rektoren wendet. Das Dokument liegt der Süddeutschen Zeitung vor. So waren im aktuellen Semester 89 Hochschulen dabei, mit 465 zulassungsbeschränkten Studiengängen. 465 Angebote - das klingt wenig angesichts gut 4000 Bachelor-Studiengängen, die mit einem Numerus clausus (NC) belegt sind. Gleichwohl ist es ein Fortschritt für das Projekt, das von Anfang an nur durch Pannen aufgefallen war.

Stark vertreten war Psychologie. In dem notorischen NC-Fach, das meistens ein Einser-Abitur erfordert, "spielten Nachrück- und Losverfahren praktisch keine Rolle mehr", heißt es. Ungefähr 150 000 "Mehrfach-Zulassungen" habe man durch das Portal insgesamt vermieden. Eben um diese Mehrfach-Zulassungen geht es: 46 Prozent aller Bachelor-Studienplätze führten beim Semesterbeginn vor ein paar Monaten einen NC. Abiturienten bewerben sich in der Regel an einigen Hochschulen oder für viele Fächer, quer durch die Republik. Erhalten sie mehrere Zusagen, findet bisher kein Abgleich statt - Studienplätze bleiben oft bis ins Semester hinein blockiert. Wenn alle Nachrückverfahren endlich abgeschlossen sind, sollten Studenten aber längst im Hörsaal sitzen. Jahr für Jahr sind daher Tausende eigentlich heiß begehrte NC-Studienplätze zunächst unbesetzt.

Einige Rektoren befürchten, Kompetenzen abgeben zu müssen

Hier will das "Dialogorientierte Serviceverfahren" (DOSV) der Stiftung ansetzen: Studenten bewerben sich über das Portal; wird ein Platz vergeben und angenommen, wissen die anderen Wunschhochschulen eines Bewerbers Bescheid. Die Stiftung wurde 2008 gegründet. Anfangs lähmten Technikprobleme das Projekt, die oft veralteten örtlichen Programme an Unis waren nicht mit dem Portal vernetzbar. Inzwischen gibt es technische Lösungen dafür; aber dennoch stürzen sich Hochschulen nicht gerade begeistert in die Teilnahme.

Das hat mehrere Gründe: Rektoren an Standorten abseits der Metropolen und klassischen Uni-Städte glauben, dass sich der Aufwand für ihre Belange kaum lohnt - oder sie haben Angst, dass das DOSV die Nachfrage bremst. "Die denken sich: ,Da kommen die Abiturienten noch auf blöde Gedanken und gehen doch nach Berlin statt in die Provinz'", sagt ein Rektor. Andere Uni-Chefs befürchten, Kompetenzen abgeben zu müssen und nicht mehr Herr ihrer Zulassungsverfahren zu sein, über die Zahl der Studenten und über Auswahlkriterien zusätzlich zur Abiturnote. An den Fachhochschulen herrscht eher die Skepsis, dass das Portal den früheren Semesterstart an den FHs nicht einkalkuliert. Und fast alle Rektoren wollen nicht auf den dauerhaften Kosten für das Verfahren sitzen bleiben. Die Hochschulrektorenkonferenz sieht hier den Bund in der Pflicht.

Dennoch hat sich die Stiftung ein Ziel gesetzt: eine "flächendeckende Anwendung des DOSV spätestens bis 2018". Außer an das Ärgernis der Mehrfach-Zulassungen, so das Schreiben, sei auch an den Service des Portals zu denken. Abiturienten hätten "eine erhöhte Verfahrenstransparenz", da der Stand ihrer Bewerbungen im Portal immer verfolgt werden kann. Der Brief an die Rektoren versteht sich als "Einladung" zur Teilnahme - die an vielen Stellen aber nach Aufforderung klingt.

© SZ vom 22.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: