Studie zu Pegida-Demonstranten:Männlich, gebildet, parteilos

Studie zu Pegida-Demonstranten: 25 000 kamen zur letzten Pegida-Demonstration nach Dresden.

25 000 kamen zur letzten Pegida-Demonstration nach Dresden.

(Foto: AP)
  • Eine Forschungsgruppe der TU Dresden hat nach einer Umfrage unter Demonstrationsteilnehmern das Profil eines klassischen Pegida-Anhängers entworfen.
  • Bei den Motiven für die Demonstrationen steht an erster Stelle allgemeine Unzufriedenheit mit der Politik. Gegen eine "Islamisierung des Abendlandes" demonstrierte nur ein Viertel der Befragten.
  • Forschungsleiter Hans Vorländer sieht Pegida am Scheidepunkt angelangt und entwirft drei mögliche Szenarien, wie es mit der Bewegung weitergehen könnte.

Von Antonie Rietzschel

Pegida ist kein Spuk, der schnell vorüberzieht. Schon längst nicht mehr. In Dresden trafen sich die Anhänger vergangenen Montag bereits zum zwölften "Abendspaziergang" und jedes Mal waren es mehr Teilnehmer. Versuche, die Motive der Bewegung zu deuten, sie gar zu verstehen, gibt es mittlerweile viele - doch bisher keine verlässlichen Daten. Nun hat die TU Dresden Pegida wissenschaftlich untersucht und erste Ergebnisse veröffentlicht (Präsentation als PDF). 400 Demonstranten hat das Forschungsteam um den Politologen Hans Vorländer an drei verschiedenen Montagen befragt, unter anderem zu ihrem Alter und Einkommen. Es ergab sich folgendes Bild:

Der typische Pegida-Anhänger

  • entstammt der Mittelschicht
  • ist gut ausgebildet
  • berufstätig

Bildungsabschluss der Befragten:

  • verfügt über ein für sächsische Verhältnisse leicht überdurchschnittliches Nettoeinkommen
  • ist ungefähr 48 Jahre alt, männlich
  • gehört keiner Konfession oder Partei an
  • stammt aus Dresden oder Sachsen

Herkunft der Befragten:

"Damit handelt es sich keinesfalls um eine Bewegung Rechtsextremer, Rentner oder frustrierter Arbeitsloser, wie oft behauptet wird", sagt Forschungsleiter Hans Vorländer.

Warum die Menschen bei Pegida mitmachen

Den befragten Teilnehmern gehe es keinesfalls hauptsächlich darum, gegen die "Islamisierung des Abendlandes" zu demonstrieren. Deren Anteil unter den Befragten mache nur ein Viertel aus. Die eigentliche Motivation liegt woanders:

1. Unzufriedenheit mit der Politik

2. Kritik an Medien und Öffentlichkeit

3. Grundlegende Ressentiments gegenüber Zuwanderern und Asylbewerbern. Dabei sind Vorbehalte gegen Muslime beziehungsweise den Islam besonders ausgeprägt.

Die Kundgebung sei für die Mehrheit der Teilnehmer in erster Linie eine Möglichkeit, tief empfundene, bisher nicht öffentlich artikulierte Ressentiments gegenüber der politischen und meinungsbildenden Elite zum Ausdruck zu bringen, heißt es in der Studie.

Pegida wächst - aber langsamer als angenommen

25 000 Menschen kamen am vergangenen Montag in Dresden zusammen - damit hat Pegida erneut Zulauf bekommen. Die Bewegung werde mittlerweile ernst genommen, so Vorländer. "Jetzt will man dabei sein." Dennoch glaubt Vorländer nicht daran, dass Pegida in Zukunft noch weiter wachsen wird. Die Forschungsgruppe fragte die Teilnehmer der Umfrage auch, ob sie zum ersten Mal an der Demonstration teilnehmen. Am 5. Januar waren es noch 44 Prozent, am 12. Januar nur noch 22 Prozent.

Wie geht es weiter mit der Bewegung?

Mit dieser Frage will sich die Forschungsgruppe in Zukunft beschäftigen. "Die Bewegung steht am Scheidepunkt", sagt Vorländer. Er kann sich mehrere Szenarien vorstellen, beispielsweise eine engere Zusammenarbeit von Pegida mit der Alternative für Deutschland (AfD). Die sächsische Fraktionschefin Frauke Petry hatte sich vor knapp einer Woche mit den Organisatoren von Pegida getroffen und Gemeinsamkeiten festgestellt. Möglich sei aber auch eine Radikalisierung - besonders kurz vor dem 13. Februar. Anlässlich der Bombardierung Dresdens 1945 sind in der Vergangenheit immer wieder Rechtsextreme durch die Stadt gezogen.

Auch eine Auflösung der Bewegung hält der Politologe weiterhin für möglich. Damit verschwände jedoch nicht der Geist von Pegida. Fremdenhass, Islamfeindlichkeit und die Ablehnung von Asylbewerbern seien in Deutschland weit verbreitet. "Das ist ein gesamtdeutsches Phänomen", sagt Vorländer.

"Sind Sie von der Presse?"

Die Befragung führten mehrere Studenten am Treffpunkt von Pegida, der sogenannten Cockerwiese durch. Sie baten Neuankömmlinge um ihre Teilnahme. 65 Prozent der ursprünglich Befragten lehnten ab, wodurch die Umfrage nicht repräsentativ ist. Allerdings liefert sie einen ersten Überblick über die Motive einzelner Anhänger von Pegida.

Leicht war es nicht an die Ergebnisse zu kommen: "Oft hörten die Studenten zunächst die Frage 'Sind Sie von der Presse'", sagt Hans Vorländer. Als sie daraufhin verneinten, hätten die Befragten sehr offen gesprochen. "Die Journalisten standen immer nah bei uns - wir mussten sie dann auffordern, etwas weiter weg zu gehen. Sonst hätte das die Befragung gefährdet." (Einen MDR-Beitrag über die Anfeindung von sächsischen Journalisten finden Sie hier.)

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