IWH-Studie:Unterschiede zwischen Ost und West weiterhin sehr hoch

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Blick auf einen verwaisten Spielplatz vor einem fast leerstehenden Plattenbau im brandenburgischen Eisenhüttenstadt. (Foto: picture alliance / dpa)
  • Die Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland sind nach wie vor enorm hoch.
  • Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle.
  • Nach Ansicht der Forscher liegt das auch an einer verfehlten Subventionspolitik. Stattdessen müsse Geld vor allem in ostdeutsche Städte fließen.

Von Jacqueline Lang, Berlin

30 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer steht Deutschland als Ganzes im internationalen Vergleich gut dar. Die Unterschiede zwischen den Regionen sind aber nach wie vor enorm hoch, vor allem zwischen West- und Ostdeutschland. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Montag vorgelegte Untersuchung des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH).

Die Studie "Vereintes Land - drei Jahrzehnte nach dem Mauerfall" kommt zu der Erkenntnis, dass die Wirtschaft im Osten Deutschlands weniger produktiv ist als im Westen. Die Produktivität lag 2017 in den neuen Ländern einschließlich Berlin bei durchschnittlich 82 Prozent des Westniveaus. Kein ostdeutsches Flächenland reicht bislang an das westdeutsche Schlusslicht, das Saarland, heran. Neu ist das zwar nicht. Anders als bislang angenommen liegt das nach Ansicht der IWH-Forscher aber nicht daran, dass 93 Prozent der Großkonzerne immer noch im Westen angesiedelt sind, sondern an einer verfehlten Subventionspolitik. Über viele Jahre seien Milliarden geflossen, doch diese Förderung habe auch Schaden angerichtet und Unternehmen dazu verleitet, nicht benötigte Arbeitsplätze beizubehalten.

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Stattdessen müsse Geld vor allem in ostdeutsche Städte fließen, sagte IWH-Präsident Reint Gropp. Die Unterschiede zwischen den ost- und westdeutschen Städten seien deutlich höher als die zwischen den ländlichen Regionen in Ost und West. "Natürlich ist es hart zu sagen, wir müssen ländliche Räume aufgeben. Aber nur so haben wir eine Chance, die Unterschiede zwischen Ost und West irgendwann mal auszugleichen", sagte Gropp. In einer Wissensgesellschaft seien die Städte die zentralen Orte für Forschung, Innovation und Wertschöpfung - und damit für Wohlstand. Seit den 90er-Jahren habe Deutschland einen Strukturwandel durchlaufen: Viele Industriearbeitsplätze seien verloren gegangen und neue Jobs vor allem im Dienstleistungssektor entstanden, diese wiederum vor allem in den Städten. Es gelte, dieser Entwicklung auch in Ostdeutschland Rechnung zu tragen. Heute arbeiten bereits drei Viertel der West-Beschäftigten in Städten, im Osten ist es nur die Hälfte.

Als dritten entscheidenden Faktor für eine mögliche Annäherung von Ost und West nennt Gropp eine stärkere Investition in Bildung, von Kindergärten bis hin zu Studiengängen für Fachkräfte an Universitäten. Schon jetzt habe Deutschland und vor allem der Osten einen großen Mangel an gut ausgebildetem, jungem Personal. Den Vorsprung, den der Osten in diesem Bereich noch bis zum Anfang des Jahrtausends gegenüber dem Westen gehabt habe, sei mittlerweile fast überall verloren gegangen. Zudem sei die Zahl der Schulabbrecher im Osten deutlich höher als im Westen. Der Westen sei außerdem erfolgreicher darin, qualifizierte Menschen aus anderen Ländern, vor allem innerhalb Europas, anzulocken. "Der Osten muss attraktiver werden", sagte Gropp. Die Politik sei deshalb gefragt, Orte mit guten Wohn- und Arbeitsbedingungen zu schaffen und sich als "weltoffen und attraktiv für qualifizierte Zuwanderung" zu profilieren. Besonders problematisch sei in diesem Zusammenhang die politische Entwicklung im Osten. Die Gründe für populistische Bewegungen allein auf lokaler Ebene zu suchen, hält Gropp dennoch für falsch. Rechtspopulismus sei kein ostdeutsches Problem, sondern ein globales.

© SZ vom 05.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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