Glosse:Das Streiflicht

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Das Streiflicht (Foto: SZ)

Manche beginnen noch im Alter etwas Neues. Ist das gut? Wenn es das Neue bis an den alten Broadway schafft, ist es sensationell.

(SZ) Um es gleich vorweg zu sagen: Es gibt genügend Gründe, die Arbeit einzustellen, sobald man ein vorzeigbares Lebensalter erreicht hat. Niemand muss mit siebzig einen Staatsstreich planen, keiner und keine mit achtzig gegen die Impfpflicht demonstrieren und jeder sowie jede sollte sich überlegen, ob er oder sie mit neunzig einen Halbmarathon läuft. All diese Tätigkeiten müssen auch jüngere Leute nicht ausüben wollen, aber die Alten, und das sind hierzulande statistisch die meisten von uns, besitzen ja deutlich mehr Welterfahrung. Sie sollten sich deshalb genau überlegen, ob sie in der Spätblüte ihrer Jahre noch Großes anstreben möchten oder nicht. Wenn nicht, ist es gut. Wenn doch, ist es sogar sehr gut, sofern das Große wirklich groß ist, auch in der Menge. Julien Green, der große französische Romancier mit Südstaaten-Hintergrund, hat noch mit 95 an seinem Schreibtisch ganz nah am Jardin du Luxembourg gesessen und seinen letzten, sehr dicken Südstaaten-Roman geschrieben. Ernst Jünger hat noch Tagebuch geführt und Käfer aufgespießt, Helmut Schmidt hat erst mit 96 Jahren zu rauchen aufgehört und Johannes Heesters erst mit fast 108 das Singen drangegeben. Schönes zu tun, Kluges zu veranstalten, diese Tugenden kennen kein Alter. Erst diesen September verteidigte der 89-jährige Pastor Wolfgang Meißner an der Uni Göttingen seine Promotionsarbeit über Predigersynoden im 18. Jahrhundert.

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