Fake News:Israelische Firma manipulierte weltweit Wahlen

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Eine Frau wirft ihren Stimmzettel in ein Wahlurne (Symbolbild). (Foto: Fabian Strauch/dpa)

Laut Berichten verschiedener Medien hackte eine geheime Truppe aus Israel internationale Politiker und manipuliert Wahlen für Geld - darunter in Kenia und Nigeria.

Eine israelische Firma hat nach Angaben von investigativ arbeitenden Reportern gegen Bezahlung weltweit Wahlen manipuliert. Nach internationalen Recherchen, an denen auch der Spiegel, die Zeit, das ZDF und der Schweizer Tages-Anzeiger beteiligt waren, hat das sogenannte "Team Jorge" Kunden aus Wirtschaft und Politik. Um ihre Ziele zu erreichen, setzen die ehemaligen Militärs und Agenten laut der Recherche der Investigativ-Redaktion forbidden stories gezielt Fake News und Hacking-Methoden ein. Die Berichte basieren auf sechs Stunden heimlich aufgenommener Gespräche, in denen der Firmenchef Tal Hanan und sein Team ihren Service vorstellen.

Das Team habe sich bisher in 33 nationale Wahlkämpfe und Abstimmungen eingemischt, unter anderem in Kenia und Nigeria, hieß es. 27 der Einsätze seien erfolgreich gewesen, hört man Tal Hanan in der Aufnahme sagen. Für die Manipulation auf sozialen Medien habe das Team eine eigenen Plattform namens Aims entwickelt, mit der man verifizierte Nutzerkonten schaffen könne. Nicht alle Behauptungen könnten aber unabhängig überprüft werden, hieß es. Die Firma hat ihren Sitz den Reportern zufolge in der israelischen Stadt Modiin - diese liegt etwa auf halben Weg zwischen Tel Aviv und Jerusalem.

Das Team kontrolliere eine "Armee" von mehr als 30 000 Bots, berichtete der britische Guardian am Mittwoch. Dabei handele es sich um Profile auf sozialen Medien, hinter denen keine echten Menschen stehen. Diese seien extrem raffiniert gestaltet und gleichzeitig auf verschiedenen Plattformen wie Facebook, Twitter und Youtube vertreten. Das Team sei nach eigenen Angaben auch in der Lage, Telegram und Gmail zu hacken. Mithilfe von Schmutzkampagnen und und gestohlenen Informationen werde so die öffentliche Meinung gezielt beeinflusst. Für seine Dienstleistungen fordere Hanan zwischen 400 000 und 600 000 Dollar im Monat. Den Berichten zufolge wies der israelische Geschäftsmann jegliches Fehlverhalten zurück. Die Deutsche Presse-Agentur in Tel Aviv hat ebenfalls eine Reaktion erbeten.

Desinformationskampagne in einem afrikanischen Land

Laut dem Tages-Anzeiger können Politiker oder reiche Geschäftsleute bei dem israelischen Team ein "Package" kaufen: zum Beispiel eine Wahl zu verschieben oder in eine bestimmte Richtung zu beeinflussen. Das Team habe auch vorgeschlagen, eine "massive Reaktion" in einem afrikanischen Land zu provozieren und damit gezielt die Furcht vor einer Flüchtlingswelle nach Europa zu schüren.

Um seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, habe das Team in einem der Treffen ein gehacktes Profil eines einflussreichen kenianischen Politikberaters gezeigt. Aus diesem Chat verschickten die Hacker als Demonstration eine Botschaft. Den Journalisten sei es schließlich gelungen diese Tatsache unabhängig zu verifizieren.

Am 9. August letzten Jahres gewann William Ruto die Präsidentschaftswahlen in Kenia, mit 50,5 Prozent der Stimmen. Im Nachgang kam es zu einer großen Desinformationskampagne gegen ihn. Es tauchten unter anderem manipulierte Wahlunterlagen und gefälschte Videos auf. Vier von sieben Mitgliedern des kenianischen Wahlausschusses weigerten sich nach der Wahl, das Ergebnis zu bestätigen, da es "undurchsichtig" sei. Schließlich musste das oberste Gericht das Ergebnis durchsetzen. Die Attacken auf die Wahl führten dazu, dass der Ruf des Präsidenten beschädigt wurde und das Vertrauen in die Demokratie verloren ging. Ob die israelischen Ex-Agenten diese Wahl beeinflussten, bleibt offen.

Das Journalisten-Konsortium konnte nach eigenen Angaben die Ex-Agenten jedoch verleiten, falsche Nachrichten in den Sozialen Medien zu verbreiten. Auch dies habe sich verifizieren lassen. So haben die Israelis zum Beispiel die falsche Meldung gestreut, dass ein Vogel der in den Sozialen Medien eine große Anhängerschaft hat, gestorben sei. Tatsächlich habe sich diese falsche Meldung stark verbreitet, dank der falschen Profile des israelischen Teams.

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