Haushaltsplanung:Steuereinnahmen sinken so drastisch wie nie

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Container Terminal im Hamburger Hafen (Foto: dpa)

Allein in diesem Jahr werden dem Bund insgesamt Steuern in Höhe von 54 Milliarden Euro fehlen. Erst 2023 dürfte das Niveau der Vor-Corona-Zeit wieder erreicht sein.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Der Bund wird frühestens 2023 wieder so viele Steuern einnehmen wie im vergangenen Jahr. Das geht aus der Steuerschätzung der Bundesregierung hervor, die Finanzminister Olaf Scholz (SPD) an diesem Donnerstag in Berlin präsentierte. Nicht ganz so schlimm trifft es Länder und Kommunen. Sie können vom kommenden Jahr an wieder mit Einnahmen in ähnlicher Höhe wie 2019 rechnen, also wie vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie und der dadurch bedingten Wirtschaftskrise.

Die finanziellen Auswirkungen der Pandemie sind damit weit drastischer als bei der jüngsten Steuerschätzung im Mai vorausgesagt. Damals hatten die Schätzer für den Bundeshaushalt des laufenden Jahres mit Einnahmen von 284,5 Milliarden kalkuliert, inzwischen rechnen sie noch mit 275 Milliarden Euro. Zum Vergleich: 2019 hatte der Bund 329 Milliarden Euro eingenommen. Damit muss die Bundesregierung ein Loch von 54 Milliarden Euro stopfen. Im nächsten Jahr dürfte es kaum besser werden: Den Schätzungen zufolge werden verglichen mit dem Vor-Corona-Niveau 34 Milliarden Euro fehlen. Im Jahr 2022 beträgt das Minus demnach 15 Milliarden Euro. Einen solchen Einbruch hatte der Bund noch nie zu verkraften.

Scholz zeigte sich dennoch optimistisch. Die Schätzung zeige, dass sich die Wirtschaft stabilisiert habe, sagte er. Der weitere Rückgang der Einnahmen sei auf steuerliche Entlastungen zurückzuführen, insbesondere die befristete Senkung der Mehrwertsteuer, mit der Bürger und Unternehmen entlastet werden sollten. "Insofern war das auch beabsichtigt." Die Krise werde sich "noch sehr lange, wenn nicht dauerhaft" auf das Steueraufkommen auswirken. Die Regierung müsse weiter mit gezielten Entlastungen gegenhalten.

Das Gegenhalten wird sich in der anstehenden Haushalts- und Finanzplanung als neue Schulden niederschlagen. "Wir wissen, dass wir ohne eine erhebliche Kreditaufnahme auch im nächsten Jahr nicht auskommen", sagte der Finanzminister. Die Koalition habe sich deshalb bereits darauf verständigt, auch 2021 die Schuldenbremse aussetzen zu wollen. Danach müsse man versuchen, wieder zur Normalität zurückzukehren. In diesem Jahr ist die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse bereits ausgesetzt. Der Bund darf bis zu 218 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen.

Scholz hatte die außerplanmäßige Steuerschätzung angesetzt, um eine verlässliche Basis für die Haushaltsplanung 2021 und die Finanzplanung der Jahre bis 2024 zu bekommen. Diese soll in zwei Wochen vorliegen. Nach Ausbruch der Pandemie waren die Steuereinnahmen wegen der Maßnahmen zu deren Eindämmung im freien Fall gewesen. Auch im Freistaat Bayern brechen die Steuereinnahmen in noch nie verzeichnetem Ausmaß ein. Alleine für 2020 geht die Steuerschätzung von einem Rückgang von etwa 4,2 Milliarden Euro im Vergleich zur Schätzung im vergangenen Herbst aus. "Es zeichnet sich ab, dass die nächsten Jahre noch schwieriger werden als zuletzt erwartet", sagte Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) am Donnerstagabend der Nachrichtenagentur dpa.

© SZ vom 11.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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