Sportpolitik:Kampfansage an Doper: Neues Gesetz soll abschrecken

Lesezeit: 3 min

Berlin (dpa) - Hausdurchsuchungen, Polizeirazzien, Telefonüberwachung oder Athleten, die hinter Gitter wandern: Wenn das Anti-Doping-Gesetz wie geplant 2015 in Kraft tritt, wird der Staat Doping als kriminelle Handlung verfolgen und mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestrafen.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Berlin (dpa) - Hausdurchsuchungen, Polizeirazzien, Telefonüberwachung oder Athleten, die hinter Gitter wandern: Wenn das Anti-Doping-Gesetz wie geplant 2015 in Kraft tritt, wird der Staat Doping als kriminelle Handlung verfolgen und mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestrafen.

„Das Gesetz ist ein Statement für den sauberen Sport und eine Kampfansage an die Doper im Spitzensport“, sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) bei der Vorstellung des Entwurfs in Berlin. „Dieses Gesetz war überfällig.“

Während in Deutschland bislang nur die Hintermänner des Dopings - Ärzte, Trainer, Hersteller oder Händler - strafrechtlich verfolgt werden können, soll zukünftig den Spitzensportlern für die Einnahme und den Besitz von schon geringen Mengen an Dopingmitteln der Prozess gemacht werden. „Wir führen das Selbstdoping ein. Die eigentlichen Profiteure sind die dopenden Sportler. Sie werden von diesem Gesetz erfasst“, erklärte Maas. „Jeder wird sich jetzt ernsthaft überlegen müssen, ob er zum Doping greift. Denn es droht nicht nur eine sportliche Sperre, sondern auch Geld- und Freiheitsstrafen.“

Bundesinnenminister Thomas de Maizière bezeichnete das Gesetz als „kurz, klar, wirksam und hart“. Der für den Sport zuständige CDU-Politiker geht aber nicht davon aus, dass es mit diesem Gesetz kein Doping in Deutschland mehr geben wird: „Wir haben den Einbruch verboten und trotzdem wird noch eingebrochen.“ De Maizière erwartet zudem, dass der Widerstand gegen die deutsche Olympia-Bewerbung durch das neue Anti-Doping-Gesetz abnehmen wird. Wenn der Sport sauberer werde, würde in der Bevölkerung auch die Akzeptanz für die Bewerbung um die Sommerspiele steigen, sagte er. „Das ist ein Vorteil für eine internationale Bewerbung.“ Nach dem Anti-Doping-Gesetz plant die Bundesregierung noch ein Gesetz gegen Manipulation und Wettbetrug. „Wir wollen das im nächsten Jahr angehen“, so de Maizière.

DOSB-Präsident Alfons Hörmann begrüßt das Anti-Doping-Gesetz zumindest generell. „In der Grundtendenz geht das, was die Regierung vorlegt, genau in die Richtung, die wir uns vorstellen“, sagte der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) im ZDF-„Morgenmagazin“. Die Zielsetzung, für fairen Wettbewerb im Sport zu sorgen, sei „eindeutig und klar bestätigt“.

Im Detail sind sich Politik und DOSB allerdings nicht einig. Der Dachverband lehnt die Bestimmung zum „Selbstdoping“ ab. Das Argument: Vor einem staatlichen Gericht muss die Schuld eines Dopers nachgewiesen werden, während vor einem Sportgericht der beschuldigte Athlet seine Unschuld beweisen muss. Dies würde zu langwierigen Verfahren führen. Der Sport könne einen Doper schnell sperren. „Wir stärken gerade die Sportgerichtsbarkeit und sichern sie in ihrer effektiven Anti-Doping-Arbeit“, entgegnete dagegen de Maizière.

Explizit werden in dem Gesetz Schiedsvereinbarungen zwischen Verbänden und Sportlern als zulässig erklärt. Dagegen setzt sich unter anderen die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein zur Wehr. Sie war ohne positiven Dopingbefund gesperrt worden.

Die DOSB-Athletenkommission bewertet die Gesetzesinitiative als positiv, fordert aber auch, dass die „Funktionsfähigkeit der Sportgerichtsbarkeit“ nicht gefährdet oder geschwächt wird. „Doping war, ist und bleibt alles andere als ein Kavaliersdelikt. Sport und Staat müssen noch konsequenter bei der Bekämpfung dieses Übels zusammenarbeiten, jeder an seinem Platz und im engen Schulterschluss“, heißt es in einer Erklärung der Athleten. Die Weltklassefechterin Imke Duplitzer formuliert ihre Zustimmung in einer Twitter-Nachricht zum Gesetz prägnant: „Und ich bin immer für blöd erklärt worden, wenn ich gesagt habe - das Gesetz muss kommen.“

Es gibt aber noch weitere Bedenken gegen den Entwurf. Für den Doping-Experten Werner Franke ist die Vorlage „nicht nur ein kleiner Wurf, sondern gar kein Wurf“, meinte der renommierte Wissenschaftler Franke in einem Gespräch mit dem Radiosender hr1. „Das ist entweder total dumm oder total hinterhältig.“ Das geplante Gesetz habe nur strafrechtliche Konsequenzen für rund 7000 Spitzensportler und Profis, nicht aber für Amateure und Freizeitsportler.

„Das Gesetz betrifft nicht Doping im Alltag. Wir wissen natürlich, dass auch andere vor Prüfungen oder zur Verschönerung des eigenen Körpers zum Beispiel im Fitness-Studio Dopingmittel einsetzen“, erwiderte de Maizière auf die Franke-Kritik. „Es ist nicht schön. Wir wollen es aber nicht strafbar machen. Es würde das Strafrecht als Instrument maßlos überfordern.“

Die WADA und die NADA sehen in dem Anti-Doping-Gesetz einen großen Fortschritt. „Es ist ein klares Zeichen für den sauberen Sport“, sagte die Vorstandsvorsitzende der Nationalen Anti-Doping-Agentur, Andrea Gotzmann. Der Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur, Craig Reedie, betonte auch mit Blick auf den Fall Pechstein: „Ich sehe keinen Grund, warum die Sportgerichtsbarkeit und das zivile Recht nicht nebeneinander existieren können.“

Das Gesetz stärkt die Arbeit der NADA zudem konkret. Gerichte und Staatsanwaltschaften werden dadurch ermächtigt, der Bonner Agentur personenbezogene Daten aus Strafverfahren zu übermitteln. „Das ist ganz wichtig, um an die Hintermänner heranzukommen, um die Arbeit effektiver zu gestalten“, sagte Gotzmann.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: