Sportpolitik:Der Sport im Sumpf: Doping, Korruption, Skandale

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Hamburg (dpa) - FIFA-Skandal, DFB-Affäre und flächendeckendes Doping in der russischen Leichtathletik erschüttern die Sportwelt - und kommen doch nicht völlig überraschend.

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Hamburg (dpa) - FIFA-Skandal, DFB-Affäre und flächendeckendes Doping in der russischen Leichtathletik erschüttern die Sportwelt - und kommen doch nicht völlig überraschend.

Korruption, moralischer Verfall, Posten-Geschiebe, Steuerhinterziehung und systematisches Doping sind seit Jahren schon des Sports ständige Begleiter. In Anzahl und Ausmaß der Abgründe unterscheidet sich die schönste Nebensache der Welt nicht von den restlichen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Mitunter klingt schon Resignation bei den Aufklärern durch. „Wir müssen feststellen, dass das wissenschaftliche Doping im Spitzensport nicht mehr erkannt werden kann“, sagte unlängst der Heidelberger Dopingjäger Werner Franke.

Funktionäre, die häufig das Rentenalter deutlich überschritten haben, sich aber an ihre Posten klammern, züchten oft ein degeneriertes System der Machterhaltung um sich herum. Die Verbände bestehen auf ihrer Autonomie und verweigern sich auf vielen Gebieten der Kontrolle unabhängiger Einrichtungen. „Nicht nur in Deutschland nimmt der Fußball zu Recht die sogenannte Verbandsautonomie für sich in Anspruch, also die Möglichkeit, sich selbst Regeln zu geben“, sagte Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga.

Daraus ergebe sich aber die Verpflichtung, „die Dinge dann auch eigenständig so zu regeln, dass öffentliche Glaubwürdigkeit und Akzeptanz nicht in Zweifel gezogen werden können.“ Genau an diesem Problem scheint der Fußball derzeit zu scheitern - wie auch andere Sportarten vor ihm. Eine Auswahl:

Radsport

Der wohl größte Skandal ist die Doping-Causa Lance Armstrong. Hein Verbruggen als UCI-Präsident soll positive Befunde von Armstrong unter den Teppich gekehrt haben. Armstrongs hat 125 000 Dollar im Anschluss an eine angebliche positive Kontrolle bei der Tour de Suisse 2001 gespendet. Positive Befund gab es auch bei Alberto Contador. Unter dem neuen UCI-Chef Brian Cookson durfte das umstrittene kasachische Team Astana seine World-Tour-Lizenz behalten, obwohl fünf Dopingfälle in kurzer Zeit bekanntwurden.

Formel 1

Das Geschäftsmodell des Bernie Ecclestone ist nicht für seine Transparenz bekannt. In den vergangenen Jahren wurde der Vollgas-Zirkus sogar zum Fall für die Münchner Justiz. Zunächst wurde der ehemalige BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky wegen Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe verurteilt, weil er im Zuge des Formel-1-Verkaufs Schmiergeld kassierte. Ein Bestechungsprozess gegen Ecclestone wurde 2014 gegen Zahlung einer Geldauflage von 100 Millionen Dollar eingestellt.

Eiskunstlauf

Nach vielen kleinen Schiebereien kam es 2002 bei Olympia in Salt Lake zum Wertungsskandal. Eine französische Preisrichterin gestand unter Tränen, von ihrem Verbandspräsidenten Didier Gailhaguet gezwungen worden zu sein, für die russischen Paarlauf-Sieger zu stimmen. Im Gegenzug bekamen die Franzosen im Eistanz Gold. Die Folge: Die kanadischen Paarläufer bekamen zusätzlich Goldmedaillen verliehen, die Preisrichterin und Gailhaguet wurden gesperrt sowie das Wertungssystem überarbeitet. Absprachen sind allerdings nach wie vor möglich. Und Gailhaguet will 2016 Präsident des Weltverbands werden.

Handball

Reizfigur ist der IHF-Präsident Hassan Moustafa, Spitzname „Der Pharao“. Er führt den Verband IHF als Alleinherrscher. Der 70-Jährige hat seine Macht ebenso durch legale wie anrüchige Maßnahmen (Günstlingswirtschaft) zementiert. Auch juristischen Ermittlungen war er bereits ausgesetzt: Dabei ging es um den Verbleib von 1,6 Millionen Schweizer Franken für die Männer-WM 1999 in Ägypten, deren Organisationschef Moustafa war. Der Machtmensch soll die Asien-Qualifikation für die Olympischen Spiele 2008 durch Schiedsrichter-Absetzung manipuliert haben und kassierte aus einem dubiosen Beratervertrag mit dem Sportrechtevermarkter Sportfive mehr als 600 000 Euro.

Boxen

Zum größten Skandal bei Olympischen Spielen kam es 1988 in Seoul, als der Einheimische Park Si-Hun mit umstrittenen Urteilen bis ins Finale marschierte und dort gegen den späteren Profi-Weltmeister Roy Jones (USA) als Sieger erklärt wurde, obwohl er für jeden sichtbar deutlich verloren hatte. Punktrichter sollen mit 10 000 Dollar bestochen worden sein. Nach der Entmachtung des korrupten Präsidenten Anwar Chowdry aus Pakistan 2006 ist es ruhiger geworden. Fehlurteile gibt es aber immer noch. Bei den Profis werden nicht selten Plätze in Weltranglisten und Titel als sogenannte Superchampions gekauft. Kosten: rund 100 000 Dollar.

Gewichtheben

Ein Dopingskandal jagt den nächsten. Es wurden sogar komplette Mannschaften überführt. Jüngste Tiefpunkte: Bulgarien (11 gedopte Heber), Indien (21), Aserbaidschan (18), Kasachstan (13), Usbekistan und Armenien (je 7). Bulgarische Heber haben auch schon Fremdurin während der Kontrolle abgegeben. Keine Seltenheit sind Wiederholungstäter, die lebenslang gesperrt werden. Nur zögerlich führte der Weltverband IWF mehr Trainingskontrollen ein.

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