Der Koalitionskompromiss bei der Grundrente bringt neue Schärfe in das Rennen um den SPD-Parteivorsitz. "Wenn die SPD gerade einen riesigen Erfolg errungen hat, dann macht es auch keinen Sinn, ihn kleinzureden", sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz am Dienstagabend bei einer Diskussion der beiden Bewerberpaare für die SPD-Spitze.
Er wies damit Kritik des früheren nordrhein-westfälischen Finanzministers Norbert Walter-Borjans zurück. Dieser sagte, der Kompromiss schaffe für etwa 1,5 Millionen Geringverdiener etwas "Grundsicherheit". Aber für zwei Millionen Menschen habe sich die SPD "durch Blockade von CDU und CSU daran hindern lassen, es wirklich würdig für alle zu machen".

Debatte:Walter-Borjans rät SPD von Kanzlerkandidatur ab
Er glaube nicht, "dass wir im Augenblick an dieser Stelle wären, einen Kanzlerkandidaten aufzustellen", sagt der SPD-Vorsitz-Kandidat in einem Interview - und stellt sich damit gegen seinen Konkurrenten Scholz.
Scholz widersprach lautstark. Er wünsche sich eine "kämpferische SPD", die sich etwas zutraue und stolz sei auf das Erreichte, sagte Scholz. Walter-Borjans wirkte kurz überrumpelt.
Scholz tritt mit der Potsdamerin Klara Geywitz für den SPD-Vorsitz an, während Walter-Borjans mit der Bundestagsabgeordneten Saskia Esken kandidiert. Esken kritisierte: "Die Grundrente repariert nur, was wir auf dem Arbeitsmarkt haben entstehen lassen mit dem Niedriglohnsektor."
Auch in der Klimapolitik zeigten sich Gegensätze. Esken bewertete den Klimakompromiss der Bundesregierung als "Klimapaketchen", das nicht ausreiche und das durch die neuen Abstandsregelungen für Windkraftanlagen an Land den Markt für Windenergie kaputtmache. Scholz verwies darauf, dass die Bundestagsfraktion das Klimapaket fast einstimmig angenommen habe: "Es scheint also gar nicht so schlecht zu sein."
Etwa 426 000 SPD-Mitglieder sollen vom 19. bis 29. November per Post oder online zwischen beiden Paaren entscheiden. Am 30. November soll feststehen, wer die künftige Doppelspitze bildet, die auf dem Bundesparteitag Anfang Dezember gewählt werden soll.