SPD:Franziska Giffey will nicht für Parteispitze kandidieren

Lesezeit: 2 min

Die Familienministerin begründet ihren Verzicht mit der laufenden Plagiatsprüfung ihrer Doktorarbeit.

Von Nico Fried, Berlin

Die Suche nach einer neuen Parteiführung entwickelt sich für die SPD immer mehr zu einer schweren Belastung. Mit Bundesfamilienministerin Franziska Giffey verzichtete am Donnerstag eine weitere potenziell aussichtsreiche Sozialdemokratin auf eine Kandidatur für den Parteivorsitz. Giffey begründete ihre Entscheidung mit der anhaltenden Prüfung ihrer Doktorarbeit durch die Freie Universität Berlin. Sie ist nach den beiden Ministerpräsidentinnen Malu Dreyer und Manuela Schwesig bereits die dritte prominente SPD-Frau mit Regierungsamt, die nach dem Rücktritt von Andrea Nahles nicht an die Spitze der Sozialdemokraten rücken will. Zugleich kündigte Giffey an, ihr Ministeramt niederzulegen, falls ihr der Doktorgrad aberkannt werde.

Die frühere Bürgermeisterin des Berliner Bezirks Neukölln war 2018 ins Bundeskabinett der großen Koalition berufen worden. Sie gilt als pragmatische und empathische Politikerin, die zumindest im Kabinett auch große Sympathien unter Unions-Kollegen genießt. Noch vor wenigen Wochen hatte sie mit programmatischen Äußerungen zur Politik der SPD den Eindruck erweckt, Interesse an einer Kandidatur für den Parteivorsitz zu hegen. Wie Malu Dreyer, derzeit eine von drei Interimsvorsitzenden der SPD, bestätigte, hat Giffey nun aber auf eine Bewerbung verzichtet. Demnach wolle sie nicht zulassen, "dass das anhängige Verfahren zur Überprüfung ihrer Doktorarbeit den Prozess der personellen Neuaufstellung der SPD überschattet".

Die FU Berlin prüft Giffeys Doktorarbeit wegen eines Plagiatsverdachts. Mit einer Entscheidung über die Aberkennung des Doktortitels ist nicht vor September zu rechnen. Die Bewerbungsfrist für den Parteivorsitz endet jedoch am 1. September. Was Giffeys Ministeramt betrifft, müsste sie mit Rücktrittsforderungen vor allem aus der Union rechnen, wenn sie ihren Doktortitel verlieren sollte. Wegen ähnlicher Vorwürfe gegen ihre jeweiligen Dissertationen sind in der Vergangenheit die Minister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Annette Schavan (CDU) zurückgetreten.

Für die SPD sind Giffeys Festlegungen ein Rückschlag. Der Wunsch des Parteivorstands, für die künftige Führung der Partei eine Doppelspitze anzustreben, erweist sich wegen zahlreicher Absagen zunehmend als Problem. Bei den Männern haben Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz sowie der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, also zwei politische Schwergewichte, bereits verzichtet. Als mögliche Kandidaten gelten noch Außenminister Heiko Maas und Arbeitsminister Hubertus Heil. Unter den Frauen aus der Parteispitze und dem Bundeskabinett kommen mit den Ministerinnen Svenja Schulze und Christine Lambrecht sowie der stellvertretenden Parteivorsitzenden Natascha Kohnen theoretisch nur noch deutlich weniger populäre Frauen infrage. Am Mittwoch war bekannt geworden, dass die zweimalige Kandidatin für das Bundespräsidentenamt, Gesine Schwan, zusammen mit SPD-Vize Ralf Stegner kandidieren will.

© SZ vom 16.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: