SPD:Die Kunst des Lavierens

Die Partei lässt offen, wie hart sie für eine Groko verhandeln will.

Von Christoph Hickmann

Schlägt man im Fremdwörterbuch unter "essentiell" nach, bekommt man eine ganze Bandbreite an Bedeutungen angeboten: von "wesentlich, hauptsächlich" bis zu "lebensnotwendig". Wenn die SPD nun einen Katalog "essentieller" inhaltlicher Punkte als Grundlage für Gespräche mit der Union beschließt, kann man darunter also vieles verstehen. Das ist der Zweck dieses Katalogs.

Der SPD-Führung steht ein schwieriger Parteitag bevor. Sie weiß, wie unbeliebt die große Koalition unter den Genossen ist - also jenes Bündnis, das am Ende des "ergebnisoffenen" Prozesses stehen könnte, den Martin Schulz jetzt beginnen will. Deshalb musste sie in diesen Parteitag mit einem Antrag ziehen, in den jeder hineinlesen kann, was er will: Die Gegner von Schwarz-Rot dürfen hoffen, dass es sich um rote Linien handelt - also um tatsächlich "lebensnotwendige" Bedingungen, ohne die es kein Bündnis geben wird. Die Befürworter wiederum können darauf verweisen, dass es sich zwar um "wesentliche" Punkte handele - dass aber am Ende selbstverständlich nicht alle erfüllt sein können. So geht eben Politik.

Die zweite Lesart ist die realistischere. Zwar weiß man, siehe Jamaika, nie, was passiert. Doch die SPD-Leitlinien sind derart offen formuliert, dass an vielen Stellen eine Einigung mit der Union möglich sein sollte - abgesehen wohl von Punkten wie der Bürgerversicherung. Unüberwindliche Hürden sehen jedenfalls anders aus.

© SZ vom 05.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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