SPD:"Beide können das bestimmt gut"

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Franz Müntefering. (Foto: Soeren Stache/dpa)

Ein Gespräch mit Franz Müntefering über die Abgrenzung zwischen Partei- und Fraktionsvorsitzenden und den Umbau der Partei: "Jedenfalls ist es mit kleinen Personalrochaden nicht getan."

Interview von Lars Langenau, München

Franz Müntefering, 77, kennt beide Aufgaben: Er war SPD-Chef von 2004 bis 2005 und noch einmal 2008/09, und er war von 2002 bis 2005 Chef der SPD-Bundestagsfraktion.

SZ: Herr Müntefering, Sie waren einmal Vorsitzender einer stolzen alten Arbeiterpartei. Kann sich die SPD mit 20,5 Prozent noch Volkspartei nennen?

Franz Müntefering: Volksparteien sind Parteien, die immer das Ganze im Blick haben und nicht Politik für irgendeine Ecke machen. Seit dem Godesberger Programm 1959 ist die SPD Volkspartei - und das sind wir noch immer. Allerdings sind die Zahlen von Sonntag ein deutlicher Abstieg von dem, was wir mal hatten.

"Opposition ist Mist", haben Sie mal gesagt . Gilt das noch?

Genauer: "Demokratie braucht auch Opposition, aber lasst das die anderen machen. Wir wollen regieren, denn Opposition ist Mist." Das habe ich 2004 gesagt, als ich Vorsitzender wurde und in Teilen der SPD die Sehnsucht nach der Opposition grassierte.

Aber wie sehen Sie es heute?

Man kann darüber streiten, ob Regieren doch besser wäre, und Christian Lindner hat das ja auch gleich nach der Wahl getan. Nur, wenn wir es jetzt noch mal in der Regierung versuchen würden, dann würden wir uns sofort anhören müssen, dass wir nicht von den Ministerämtern lassen können. Die Kritik ist verlogen.

Was für ein Umbau in der SPD ist nötig?

Jedenfalls ist es mit kleinen Personalrochaden nicht getan.

Sie stellen Martin Schulz infrage?

Nein, er ist als Parteivorsitzender gewählt und muss die SPD führen. Auf dem kommenden Parteitag muss sich die Partei personell und inhaltlich-strategisch darauf einstellen, wie sie die kommenden vier Jahre im Bundestag wirken will. Dazu muss sie sich aber gut überlegen, wie man das mit der Aufgabenverteilung zwischen Parteivorsitz und Fraktionsvorsitz machen will. Wenn das von Anfang an eine Konkurrenzfrage ist, bleibt das schwierig.

War das jetzt ein kleiner Angriff auf Andrea Nahles?

Nein, beide können das bestimmt gut. Vielleicht andere auch. Ich meine aber, dass sie sich die Aufgaben vorher genau aufteilen sollten. Zwei Oppositionszentralen funktionieren nur bedingt. Wird Opposition in der Bundestagsfraktion organisiert oder in der Parteizentrale? Wir haben doch Erfahrung damit. Man braucht eine klare Verantwortungsstruktur.

Hätte Schulz nach seiner Wahl zum Kanzlerkandidaten nicht besser auch noch Außenminister werden sollen?

Im Nachhinein kann man das so sagen, aber die Frage ist jetzt müßig. Jedenfalls war es schwierig, außerhalb der Regierung Kritiker der Spitze zu sein und trotzdem an der Regierung beteiligt zu sein. Das war eine gewisse Schizophrenie.

War Gerechtigkeit das richtige Thema?

Faktisch und taktisch ganz sicher, aber es wurde nicht der Renner in den großen Medien. Die Sensationen und Irritationen gab es anderswo: Brexit, Donald Trump, die Türkei, Wahlen in den Niederlanden und Frankreich, Miseren in Landtagswahlen. Auch deshalb blieb im Bundestagswahlkampf vieles vordergründig.

© SZ vom 28.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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