Sparpläne:Das Staatsvermögen wird ausverkauft

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Drei Seiten lang ist die Streichliste der neuen Regierung - unter anderem fallen 8000 Beamtenstellen weg, Steuerschlupflöcher werden geschlossen. Und Peer Steinbrück macht sich ans bundesdeutsche Tafelsilber.

Michael Bauchmüller und Ulrich Schäfer

Die Sparliste zeigt erstmals detailliert auf, wie Union und SPD in den nächsten vier Jahren den Haushalt sanieren wollen. Sie wurde von den Unterhändlern beider Seiten im Zuge der Koalitionsverhandlungen entwickelt, bislang aber nie vollständig veröffentlicht.

Auf drei Seiten werden sämtliche Maßnahmen aufgelistet, auf die sich die Verhandlungsdelegationen beider Seiten verständigt haben. Demnach will die Koalition den Bundeshaushalt nicht zuletzt dadurch sanieren, dass Steinbrück auf einen Teil der hohen Privatisierungserlöse verzichtet, welche die rot-grüne Koalition für 2006 vorgesehen hatte, und diese in spätere Jahre verschiebt. Statt geplanter 33 Milliarden Euro erlöst der Bund deshalb im kommenden Jahr nur 20 Milliarden Euro. Dadurch steigt die Verschuldung 2006 auf 41 Milliarden Euro, sinkt in den Jahren darauf aber umso stärker.

54 Milliarden durch Verkäufe von Tafelsilber

2007 soll dann Staatsbesitz im Wert von 19 Milliarden Euro verkauft werden, darunter Post- und Telekom-Aktien sowie Immobilien. Noch einmal dieselbe Summe sollen Einsparungen und Steuererhöhungen bringen. 2008 und 2009 will der Bund weiteres Tafelsilber im Wert von insgesamt 15 Milliarden Euro verkaufen. Damit summieren sich die Verkäufe in den nächsten vier Jahren auf insgesamt 54 Milliarden Euro.

Auch die Bundesbank soll in weit stärkerem Maße als bislang bekannt dabei helfen, die Staatsfinanzen zu sanieren. So will sich die Regierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht nur die Rendite aus möglichen Goldverkäufen sichern, sondern erwartet darüber hinaus, dass die Währungshüter jährlich 1,5 Milliarden Euro mehr an Gewinn überweisen. Zudem dokumentiert die Liste, dass sich die Spitzen beider Parteien - entgegen der Darstellung von Innenpolitikern - bereits auf ein detailliertes Sparpaket bei den Beamten verständigt haben.

So will die neue Regierung nicht nur das Weihnachtsgeld halbieren, sondern - verteilt auf fünf Jahre - die Zahl der Bundesbeamten um zweieinhalb Prozent reduzieren. Dies bedeutet, dass im Bund bis 2010 knapp 8000 Planstellen wegfallen.

2009 deutlich mehr Investitionen als Schulden

Trotz der harten Sparmaßnahmen und der geplanten Steuererhöhungen wird es der Koalition schwer fallen, die Vorgaben für einen verfassungskonformen Haushalt einzuhalten. Demnach darf die Neuverschuldung nicht höher sein als die Summe aller Investitionen. Dieses Limit wird im Jahr 2007 so eben eingehalten: Schulden und Investitionen sollen dann jeweils 21,9 Milliarden Euro betragen. Ein Jahr später rechnet Steinbrück mit einer Nettokreditaufnahme von 21,5 Milliarden Euro und muss, um die Verfassungsregel einzuhalten, noch mindestens eine halbe Milliarde Euro zusätzlich einsparen.

2009 sind neue Schulden in Höhe von 19,8 Milliarden Euro vorgesehen - erstmals seit dem Regierungswechsel wären die Investitionen dann deutlich höher. Noch nicht enthalten sind dabei aber Einnahmen aus der Reichensteuer, auf deren Einführung sich Union und SPD geeinigt haben.

Zwei Tage nach Amtsantritt schloss die Regierung erste Steuerschlupflöcher: Reine Steuersparfonds wurden rückwirkend zum 11. November abgeschafft. Anleger, die in Windkraft-, Schiffs- oder Filmfonds investieren, können Verluste aus diesen Beteiligungen nicht mehr gegen Einkünfte aus anderen Quellen verrechnen. Ursprünglich wollte Rot-Grün dieses Gesetz kurz vor dem Regierungswechsel verabschieden. Der damalige Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) stimmte dagegen.

© SZ vom 25. November 2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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