Der spanische Premierminister Mariano Rajoy hat am Mittwoch in einem großen Korruptionsprozess als Zeuge ausgesagt und jegliches Wissen von korrupten Machenschaften innerhalb seiner regierenden Volkspartei (PP) bestritten. Es handelte sich um den 101. Verhandlungstag des Prozesses gegen das Netzwerk "Gürtel" aus Politikern und mehreren Geschäftsleuten vor allem aus der Baubranche. Ihnen wird vorgeworfen, während des großen Baubooms zwischen 1999 und 2007 große Infrastrukturprojekte, die meist von der EU mitfinanziert wurden, zu exorbitanten Preisen abgerechnet zu haben. Die Überschüsse seien in die Privatschatullen der angeklagten Politiker sowie in eine schwarze Kasse der PP geflossen.
Bei dem deutschen Codewort "Gürtel" handelt es sich um die Übersetzung des Familiennamens des Hauptbeschuldigten, des Geschäftsmanns Francisco Correa. Ein Zusammenhang zur deutschen Geschäftswelt oder Politik wurde in dem Prozess allerdings nicht bekannt. Rajoy erklärte, als Generalsekretär der Partei habe er sich nicht mit Details der Buchführung befasst. Die handschriftlichen Listen über Barzahlungen an hohe Parteifunktionäre, die die Presse vor drei Jahren publizierte, seien Fälschungen. Der Vorsitzende der linksalternativen Gruppierung Podemos, Pablo Iglesias, bezeichnete die Aussagen Rajoys als völlig unglaubwürdig. Er werde mit dem Chef der sozialistischen Opposition, Pedro Sánchez, beraten, wie die PP aus der Regierung verdrängt werden könne. Angeführt wurde bei der Befragung auch diese SMS an den damals vorübergehend inhaftierten PP-Schatzmeister Luis Bárcenas: "Halte dich wacker, Luis!" Die Opposition sieht die Kurznachricht als Beleg für seine Mitwisserschaft. Rajoy sagte, er habe ihn nur aufmuntern wollen.