Spanien:Immunität für Separatistenführer

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Der EuGH urteilt zugunsten eines katalanischen Abgeordneten, der zu Unrecht an der Aufnahme seines Mandats gehindert worden sei.

Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs hat bei der Unabhängigkeitsbewegung der spanischen Region Katalonien Euphorie ausgelöst und neue Hoffnung geweckt. Der EuGH teilte am Donnerstag mit, der inhaftierte Separatistenführer Oriol Junqueras sei von den spanischen Behörden zu Unrecht an der Aufnahme seines Mandats als Europaabgeordneter gehindert worden. Die parlamentarische Immunität von Europaabgeordneten greife, sobald das Wahlergebnis verkündet sei, hieß es im Urteil. "Die Gerechtigkeit ist aus Europa gekommen. Unsere Rechte und diejenigen von 2 000 000 Bürgern, die uns gewählt haben, wurden verletzt", schrieb Junqueras auf Twitter.

Der frühere Regionalvizepräsident war im Oktober wegen seiner Rolle beim illegalen Unabhängigkeitsreferendum von 2017 zu 13 Jahren Haft wegen Aufruhrs verurteilt worden. Er forderte seine Freilassung und auch, dass alle acht neben ihm verurteilten katalanischen Politiker und Aktivisten auf freien Fuß gesetzt werden. Der Europäische Gerichtshof urteilte, dass die spanischen Behörden die Aufhebung der Immunität hätten beantragen müssen, um Junqueras während der Parlamentssitzungen in Haft halten zu können. Der damals in U-Haft sitzende Junqueras hatte nach seiner Wahl nicht das Gefängnis verlassen dürfen, um den Eid auf die spanische Verfassung leisten zu können, der für Europaabgeordnete vorgeschrieben ist. Infolgedessen erklärte die spanische Wahlkommission seinen Sitz für vakant.

Doch wie geht es jetzt nach dem EuGH-Urteil für Oriol Junqueras weiter? Das blieb zunächst unklar. Theoretisch denkbar wäre es, dass die spanischen Behörden ihm nun formell den Abgeordnetensitz zuerkennen, aber sofort die Aufhebung der Immunität beantragen. Wenn das Europaparlament dem Antrag dann zustimmen würde, müsste Junqueras wohl in Haft bleiben. Dass er vorübergehend freigelassen wird, gilt wegen Fluchtgefahr als äußerst unwahrscheinlich. "Es ist jetzt Sache des obersten spanischen Gerichts und des Europaparlaments zu beurteilen, was die Konsequenzen sind", erklärte ein Sprecher der EU-Kommission. Der Druck auf Spanien wächst aber: Von EU-Parlamentspräsident David Sassoli kam die Aufforderung, sich an das Urteil zu halten. Das Oberste Gericht Spaniens teilte am Donnerstag mit, man werde das EuGH-Urteil "eingehend studieren".

© SZ vom 20.12.2019 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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