Spanien:Im Fadenkreuz der Dschihadisten

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Der IS droht in einem Video mit neuen Anschlägen und kündigt an, Spanien zum Kalifat zu machen. Die Ermittlungen nach der Barcelona-Attacke konzentrieren sich auf die zwei in Haft verbliebenen Verdächtigen.

Von Thomas Urban, Madrid

Nach den Anschlägen von Barcelona hat der IS ein neues Video auf Spanisch veröffentlicht und weitere Anschläge als "Rache für die Inquisition" in dem Land angekündigt. Ein maskierter Kämpfer, der sich Abu Salman al Andalusi (der Andalusier) nennt, sagt darin: "Unser Kampf wird bis zum Ende der Welt gehen." Man wolle Spanien, das einst von den Mauren besetzt war, zurückerobern. Die "Soldaten des Kalifats" würden ihre verlorene Erde wiedergewinnen. Auch der Imam Abdelbaki Es Satty, der als Kopf der Terrorgruppe von Barcelona galt, hatte in seinen Predigten seine Glaubensbrüder zum Kampf für ein Kalifat aufgerufen.

Die Polizeiführung von Katalonien dementierte am Mittwoch Berichte, wonach die belgischen Behörden offiziell vor dem Imam gewarnt hätten. Diese Information sei auf privatem Wege erfolgt: Ein belgischer Polizeioffizier habe einen spanischen Kollegen, den er auf einem internationalen Lehrgang kennengelernt habe, informiert, dass der Imam in Belgien Kontakte zu islamistischen Gruppen unterhalte. Die katalanischen Behörden hatten Es Satty 2006 im Umfeld salafistischer Gruppen erfasst, ihn aber nicht als gefährlich eingestuft, was seine Abschiebung verhinderte.

Es Satty soll elf junge Männer, bis auf eine Ausnahme marokkanische Staatsbürger, zu dem Anschlag von Barcelona angestiftet haben. 15 Personen wurden Opfer der Gruppe. Sie kommunizierten ausschließlich offline und waren laut Experten sektenähnlich organisiert, deshalb kam die Polizei ihnen nicht auf die Spur. Es Satty kam bei einer Explosion um, als er gemeinsam mit zwei anderen Mitgliedern der Gruppe Sprengkörper bauen wollte. Auch weitere sieben Mitglieder der Gruppe sind tot. Vier wurden verhaftet, zwei wurden aber nach Verhören durch den Ermittlungsrichter in Madrid wieder auf freien Fuß gesetzt. Die zwei verbleibenden Verdächtigen, 21 und 28 Jahre alt, müssen für die Dauer der Ermittlungen hinter Gittern bleiben. Mit dem Ausweis des 28-Jährigen war der Lieferwagen angemietet worden, der vor einer Woche über die Ramblas fuhr und 13 Menschen in den Tod riss.

Beiden wird Terrorismus, Mord und Sprengstoffbesitz vorgeworfen. Einer der Inhaftierten beklagte sich bei seinem Anwalt, dass er im Gefängnis von Soto Real bei Madrid von Mitgefangenen bedroht werde. Nach Angaben der Gefängnisdirektion wurde er in einen abgelegenen Trakt verlegt. Der Mann bestreitet, an dem Terroranschlag beteiligt gewesen zu sein.

Hingegen hat das zweite verhaftete Mitglied der Islamistenzelle die Angehörigen der Opfer für seine Beteiligung um Verzeihung gebeten. Nach Angaben der Behörden kooperiert der junge Mann, der die Explosion beim Bauen der Sprengkörper überlebt hat, mit den Ermittlern. Er war mit leichten Verletzungen in einem Krankenhaus behandelt worden, wo ihn die Polizei verhaftete. Er trug bei seiner Anhörung in Madrid noch den Schlafanzug aus der Klinik.

© SZ vom 25.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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