Sozialstaat:Solidarität statt Eigennutz

VdK-Präsidentin Verena Bentele hat ihre Ideen für grundlegende Reformen aufgeschrieben. Sie würden die Republik verändern.

Von Robert Probst

Wenn sich jemand damit auskennt, was es bedeutet, wenn man sich zwischen dem Zoobesuch mit den Enkelkindern und dem Einkauf von Obst oder Hustensaft entscheiden muss, weil das Geld einfach nicht reicht, dann ist das der VdK. Deutschlands größer Sozialverband mit mehr als zwei Millionen Mitgliedern wird seit 2018 von der ehemaligen Biathletin und mehrfachen Paralympics-Siegerin Verena Bentele geführt. Sie hat soeben ein kleines Büchlein geschrieben, das sehr konkret aufzeigt, wie die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland so weiterentwickelt werden könnten, dass nicht ständig individuelle Freiheitsansprüche gegen den Solidaritätsgedanken ausgespielt werden.

Verena Bentele, Philipp Stielow, Ines Verspohl: Wir denken neu. Damit sich Deutschland nicht weiter spaltet. Europa-Verlag, München 2021. 136 Seiten, 12 Euro. (Foto: N/A)

Benteles Vision für den neuen Sozialstaat sollen verständlich, einfach und lösungsorientiert sein - und genau das macht den Reiz des Buches aus. Hier werden sehr komplexe Sachverhalte mit voller Absicht sehr geschickt aufs Wesentliche reduziert. Stabile Sozialsysteme helfen nicht nur dem Einzelnen, sie machen ein ganzes Land stark, lautet Benteles Motto. Ihre Vorschläge sind nicht neu, aber würden im Zusammenspiel die Republik nachhaltig verändern: Alle rein in die Gesetzliche Krankenversicherung, Abschaffung der Privaten Krankenversicherung, alle rein in die gesetzliche Rentenversicherung, Pflegevollversicherung, Kindergrundsicherung und Corona-Vermögensabgabe sind einige Stichworte. Kostet alles erst mal Geld, ist aber machbar und macht das Land gerechter, so die Botschaft.

Gegen all die skizzierten Vorschläge können Ökonomen und Politiker problem- und endlos Argumente vorbringen, wie sie es seit Jahrzehnten tun. Womöglich kommen in diesen Pandemie-Zeiten aber einiges ins Grübeln, ob ein funktionierender Sozialstaat und das Solidaritätsprinzip nicht die beste Idee für den Zusammenhalt der Gesellschaft sein könnten. Das wäre schon mal ein Anfang.

© SZ vom 15.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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