Slowakei:Hang zu hohen Ämtern

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Der slowakische Ex-Premier Robert Fico will Verfassungsrichter werden. Dabei warf sein Verhältnis zur Verfassung gelegentlich Fragen auf. Nach dem Mord an einem Journalisten musste der Sozialdemokrat vergangenes Jahr zurücktreten.

Von Tobias Zick, München

Wie er es mit der Loyalität zu der Verfassung seines Landes hält, hat der frühere slowakische Premierminister Robert Fico während seiner Amtszeit wiederholt zur Schau gestellt: als er Journalisten, deren unabhängige Arbeit in dem postkommunistischen Land laut Artikel 26 unter besonderem Schutz steht, pauschal als "dreckige anti-slowakische Huren" beschimpfte. Als er einigen von ihnen, die kritisch über seine Amtsführung schrieben, anbot, ihnen Nachhilfe beim Verfassen von journalistischen Texten zu geben. Als er seine Kabinettskollegen anwies, ein neues, unabhängiges und besonders kritisch berichtendes Online-Medium von "jeglicher Kommunikation abzuschneiden" - bis das Verfassungsgericht ihn in die konstitutionellen Schranken wies.

Seit März vergangenen Jahres ist Robert Fico nicht mehr Regierungschef; er legte sein Amt nieder, nachdem Unbekannte einen Investigativjournalisten hingerichtet hatten, der über mutmaßliche Verbindungen zwischen Mafia und Regierungskreisen recherchiert hatte. Daraufhin forderten Hunderttausende auf den Straßen Ficos Rücktritt. Er blieb aber Parteichef der dem Namen nach sozialdemokratischen Regierungspartei Smer-SD; seit Mai ist er deren Fraktionsvorsitzender im Nationalrat. Beobachtern zufolge war Fico auch Monate nach seinem Rücktritt als Premier noch der tonangebende Mann in der slowakischen Regierungspolitik.

Sein Hang zu hohen Ämtern ist ihm allemal erhalten geblieben, jetzt strebt er ein neues an: Robert Fico will Verfassungsrichter werden. Die Gelegenheit ist günstig, im Februar müssen neun der 13 Posten am Obersten Gericht besetzt werden. Und da sei Fico, so sagt sein Fraktionskollege Martin Glváč, der auch seine Nominierung eingereicht hat, "der am besten qualifizierte Kandidat, aufgrund seiner früheren Arbeit". In der Tat hatte der Jurist Fico, bevor er 2006 zum ersten Mal Regierungschef wurde, Karriere im Justizministerium gemacht und war von 1994 bis 2000 Vertreter der Slowakei beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Er könne sich, so Parteifreund Glváč, Fico später durchaus auch als Vorsitzenden des Verfassungsgerichts vorstellen.

Es ist eine Vorstellung, die bei anderen Unbehagen hervorruft. Das Verfassungsgericht sei "eine der wichtigsten Institutionen des Landes", sagt die Fraktionschefin der konservativen Oppositionspartei OL'aNO der Nachrichtenagentur Tasr, "und es wäre ein Unglück für die Slowakei, wenn es zum verlängerten Arm politischer Parteien wird".

Staatspräsident Andrej Kiska, der ein ausgewiesener Rivale von Robert Fico ist und diesen nach dem Journalistenmord öffentlich zu einer Regierungsumbildung oder zu Neuwahlen aufgefordert hatte, gibt sich demonstrativ gelassen: Ohne namentlich auf Ficos Kandidatur einzugehen, sagte er in einer Pressekonferenz, es gebe "kein wirkliches Hindernis, welches das Parlament davon abhalten würde, aus den 40 Kandidaten jene auszuwählen, die die moralischen und professionellen Kriterien erfüllen".

© SZ vom 11.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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