Simbabwe:Rücktrittsrede ohne Rücktritt

Lesezeit: 3 min

Wirre Worte: Ein Fernsehzuschauer in Harare verfolgt die Ansprache von Simbabwes Noch-Präsidenten Robert Mugabe, aus der nicht ganz klar wurde, wie weit er seine Lage überhaupt begreift. (Foto: Zinyange Auntony/AFP)

Im Land herrscht Ungewissheit: Nach dem wirren Auftritt von Präsident Robert Mugabe leitet die Regierungspartei seine Amtsenthebung ein. Doch Mugabe will das Feld nur unter seinen Bedingungen räumen.

Von Bernd Dörries, Harare

Am Sonntagabend hatten sich Hunderttausende im Land vor den Fernsehern versammelt, um sich die angekündigte Rede von Robert Mugabe anzuschauen. In den Bars der Hauptstadt wurden die Getränke kalt gestellt, Fernsehteams aus der ganzen Welt waren ausgerückt, um über das Ende von Robert Mugabe zu berichten und die jubelnden Menschen zu filmen - denn, das war die Erwartung: Der 93-Jährige würde seinen Rücktritt verkünden. Eine andere Wahl hatte er ja gar nicht.

Am Morgen hatte ihm seine Partei den Vorsitz weggenommen, am Samstag hatten Zehntausende im ganzen Land gegen ihn demonstriert. Nach etwa zwanzig Minuten einer wirren Ansprache kündigte Mugabe an, nun zum Ende zu kommen, die Menschen in den Bars atmeten tief durch, die Kameras schwenkten - und dann war die Rede vorbei, ohne dass Mugabe irgendetwas von Rücktritt gesagt hatte. Er hinterließ ein ratloses Land, das sich am Montag fragte, wie denn diese Rede Mugabes nun zu interpretieren sei.

Mugabe will im Dezember den Parteitag leiten - obwohl ihn die Partei vom Vorsitz entfernt hat

Die Vereinigung der Kriegsveteranen ist der Ansicht, dass Mugabe eine ganz andere Rede gehalten habe, als zuvor mit den Vertretern des Militärs vereinbart worden sei. Als Beleg ihrer These führten sie eine Szene der Rede an, in der der Armeechef Mugabe ein Blatt reicht und offenbar sagt, diesen Teil habe er vergessen vorzulesen. "Wir sind enttäuscht, dass Mugabe unter den Augen all dieser Generäle die Rede vertauschen konnte", sagte Chris Mutsvangwa, der Chef der Kriegsveteranen.

Andererseits war die Ansprache offenbar aufgezeichnet, das Militär hätte also noch Zeit gehabt, die Ausstrahlung zu stoppen. Tat es aber nicht, was das Land in die kuriose Situation brachte, einem Putsch beizuwohnen, den die Putschisten nicht als solchen verstanden wissen wollen. Mit einem Präsidenten, der in seiner Rücktrittsrede den Rücktritt vergisst. Was genau Mugabe mit seinem Auftritt bezweckte, ist schwer zu sagen. Er kündigte an, den Parteitag seiner Zanu-PF Mitte Dezember leiten zu wollen - obwohl ihn seine Partei bereits vom Vorsitz entfernt hat. Letztlich demonstrierte Mugabe vor allem, dass er ein alter Mann ist, der nicht mehr vollständig darüber im Bilde ist, was um ihn herum geschieht. Der aber dennoch nur zu seinen Bedingungen das Feld räumen will.

Ob das gelingt, ist eher fraglich. Zanu-PF setzte Mugabe am Montag eine Frist bis zwölf Uhr mittags. Bis dahin sollte Mugabe zurücktreten - doch er tat es nicht. An diesem Dienstag soll nun im Parlament ein Amtsenthebungsverfahren gestartet werden, das mehrere Wochen in Anspruch nehmen kann. Die Armee hat aber offenbar einen anderen Plan vom weiteren Verlauf der Dinge, die Generäle warnten Zanu-PF und Opposition am Montagabend vor Aktionen, die "den Frieden gefährden", damit ist offenbar das Misstrauensvotum gemeint. Vielmehr sollten Präsident Mugabe und der von ihm geschasste Vizepräsident Emmerson Mnangagwa einen "Fahrplan" für die Zukunft des Landes entwickeln. Mugabe hatte Mnangagwa vor zwei Wochen entlassen, um Platz zu schaffen für seine Frau Grace Mugabe. Daraufhin hatte die Armee Mugabe unter Hausarrest gesetzt. Was Mugabe selbst von den Ereignissen noch mitbekommt, ist unklar. Er gestand zwar ein, dass es im Land Unzufriedenheit und Proteste gebe, ob er das Ausmaß kennt, ist fraglich. Als am Samstag Zehntausende protestierten und vor seine Residenz zogen, habe Mugabe nach Angaben seines Sprechers "Popcorn gegessen und über Anthropologie diskutiert". Auch am Montag wurde in Harare demonstriert, Studenten streikten und forderten die Universitätsleitung auf, Grace Mugabe den Doktortitel abzuerkennen, den sie innerhalb weniger Monate erhalten hatte, mit einer Arbeit, die nie veröffentlicht wurde, von der nicht sicher ist, ob sie überhaupt existiert. Thema war angeblich, die sich verändernden Sozialstrukturen in der Familie.

Über die Strukturen in der Familie Mugabe sagte der Präsident in seiner Rede nichts, seine Frau erwähnte er nicht namentlich. Ihre Ambitionen, ihrem Mann im Amt des Präsidenten zu folgen, haben aber keine Chance mehr, die Regierungspartei Zanu-PF schloss sie am Sonntag auf Lebenszeit aus.

© SZ vom 21.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: