Simbabwe:Müder Langzeitherrscher

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Robert Mugabe ist mit 92 Jahren der älteste Staatschef der Welt. Bei Empfängen schläft er auch schon mal ein. (Foto: Jekesai Njikizana/AFP)

Präsident Robert Mugabe ist 92 und seine Kräfte schwinden - die Opposition wittert ihre Chance. Ökonomisch steht das Land vor dem Kollaps.

Von Isabel Pfaff, München

Es war eine gigantische Party: Knapp 50 000 Gäste waren in den Süden Simbabwes gepilgert, um dort mit ihrem Präsidenten Robert Mugabe Geburtstag zu feiern. Ende Februar ist der umstrittene Langzeitherrscher 92 Jahre alt geworden, nahe der berühmten Ruinenstadt Great Zimbabwe ließ er sich bejubeln - mit 92 Ballons, einer Torte von 92 Kilogramm, mit Liedern und Gedichten. An der Seite seiner 40 Jahre jüngeren Ehefrau Grace nahm der greise Herrscher die Glückwünsche entgegen und schob sich vor laufenden Kameras bunte Tortenstücke in den Mund. Eigentlich alles so absurd wie immer - wenn es dem Land, das Mugabe seit der Unabhängigkeit 1980 regiert, nicht so schlecht ginge wie lange nicht.

Zwar ist Simbabwes Wirtschaftskrise praktisch chronisch, seit der Präsident in einem Akt nachkolonialer Wiedergutmachung vom Jahr 2000 an das Ackerland weißer Siedler beschlagnahmte und es an schwarze Farmer verteilte. Vielen von ihnen fehlte die Erfahrung, andere gehörten einfach zu Mugabes Getreuen und scherten sich nicht um die Bewirtschaftung. Die landwirtschaftliche Produktion, bis dahin eine der höchsten im südlichen Afrika, brach ein. Seither ist das Land verschuldet, die Regierung begann Geld zu drucken, bis sie 2008 den simbabwischen Dollar komplett aufgeben musste. Bezahlt wird seither vor allem mit US-Dollar und südafrikanischem Rand.

Die Wirtschaft begann sich zu erholen, parallel bewegte sich auch politisch etwas. Nach gefälschten Wahlen und einer blutigen Repressionswelle ging Mugabe 2009 mit Oppositionsführer Morgan Tsvangirai eine Koalition ein. Unter dieser Regierung der nationalen Einheit erhielt Simbabwe 2013 eine neue Verfassung, die international als Symbol einer politischen Wende gewertet wurde - doch viele der Neuerungen sind bis heute nicht umgesetzt. Nach einer weiteren gefälschten Wahl regiert der Autokrat Mugabe wieder alleine, und Tsvangirai ist mitsamt seiner Partei MDC in der Versenkung verschwunden.

Die Regierung macht Ernst mit ihrem "Indigenisierungs-Gesetz". Das schreckt Investoren ab

Auch wirtschaftlich geht es seit dem vergangenen Jahr wieder abwärts. Die Preise für Platin, Gold und Nickel fallen seit Monaten und schwächen die Bergbauindustrie des Landes. Im Nachbarland Südafrika kriselt es ebenfalls; und weil Simbabwe mit dem Rand wirtschaftet und zudem stark abhängig ist von dem Geld, das Exil-Simbabwer aus Südafrika nach Hause schicken, wird es mitgerissen von der dortigen Krise. Zudem macht die Regierung inzwischen Ernst mit ihrem "Indigenisierungs-Gesetz", das allen Unternehmen im Land vorschreibt, zu 51 Prozent in Besitz indigener Simbabwer zu sein. Kein völlig abwegiger Ansatz nach Jahrzehnten rassistischer Minderheitsherrschaft, doch auf ausländische Investoren, die das Land dringend braucht, wirken solche Maßnahmen abschreckend. Am schwersten trifft die Simbabwer im Moment aber die Dürre, die den Süden und Osten Afrikas seit dem vergangenen Jahr heimsucht. Anfang Februar hat Präsident Mugabe den Katastrophenzustand ausgerufen - um wenige Wochen später seine 700 000 Euro teure Geburtstagsfeier ausgerechnet dort zu veranstalten, wo die Dürre am härtesten zugeschlagen hat: in Masvingo, wo der Trockenheit drei Viertel der Maisernte zum Opfer gefallen sind. Mehr als 25 Prozent der simbabwischen Bevölkerung leiden Regierungsangaben zufolge unter Lebensmittelknappheit.

Das Land steht wieder einmal vor dem Kollaps. Und ausgerechnet jetzt schwinden, für alle sichtbar, Mugabes Kräfte. Der älteste Staatschef der Welt schläft bei Empfängen ein, stolpert, wenn er eine Bühne betritt, und vor ein paar Monaten hielt er dieselbe Rede zwei Mal. Aufhören will er trotzdem nicht, er hat bereits angekündigt, 2018 wieder kandidieren zu wollen. Doch hinter seinem Rücken ist der Nachfolgekampf schon voll entbrannt.

Offiziell gilt der 69-jährige Vizepräsident und Ex-Geheimdienstchef Emmerson Mnangagwa als Kronprinz. Viele Jahre hatte er mit Joice Mujuru, einst ebenfalls Vizepräsidentin, um diese Rolle konkurriert. Doch 2014 beschuldigte Mugabe sie der Verschwörung und warf sie aus der Regierungspartei Zanu-PF. Vor wenigen Tagen kehrte die 60-Jährige auf die politische Bühne zurück und kündigte an, mit ihrer neuen Partei "People First" gegen Mugabe anzutreten. Analysten trauen Mujuru zu, die zersplitterte Opposition wieder zu vereinen. Doch es gibt noch eine dritte, nicht zu unterschätzende Interessentin: Grace Mugabe, die First Lady, zeigt immer offener ihre Ambitionen. Ein Sieger oder eine Siegerin zeichnet sich noch nicht ab. Sicher ist nur: Statt der nötigen politischen und wirtschaftlichen Reformen kündigt sich eher ein schmutziger Machtkampf an - das letzte, was ein kollabierendes Land wie Simbabwe braucht.

© SZ vom 08.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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