Seehofer:40 Prozent. War da was?

Der CSU-Chef hat gerade mal wieder seine euphorische Phase.

Von Nico Fried

Die Stimmung eines Sanguinikers schwankt zwischen maßloser Euphorie und niederschmetternder Trübsal. Er sieht in der Düsternis nicht mehr das, was ihn eben noch froh gemacht hat. Aber er vermag auch wegzulachen, was ihn gerade noch bedrückte. Horst Seehofer ist die Verkörperung eines politischen Sanguinikers. Die Schwankungen seines Temperaments sind auf der Skala seiner Wahlziele abzulesen.

Angela Merkel hatte 2013 mit 41,5 Prozent gerade ein beachtliches Ergebnis eingefahren, da gab Seehofer für 2017 schon die absolute Mehrheit als Ziel vor. In der Flüchtlingskrise und einige CDU-Schlappen bei Landtagswahlen später sah Seehofer die Union dann vor dem Abgrund. Mittlerweile steigt der Optimismus des CSU-Chefs wieder: 40 Prozent sollte die Union holen, hat er jetzt gesagt. Da ist es zur absoluten Mehrheit nicht mehr weit.

Ein solches Ergebnis ist nur möglich, wenn viele Wähler die Kritik Seehofers an Merkel ignorieren. Wenn sie eine Kanzlerin wiederwählen, obwohl die von der CSU einer falschen Flüchtlingspolitik, des Rechtsbruchs und der Spaltung Europas bezichtigt wurde. Absurd? Es kann noch besser kommen: Am Ende erreicht die Union Seehofers Ziel womöglich - aber Merkel verweigert weiter eine Obergrenze für Flüchtlinge. Dann muss die CSU in die Opposition. Wäre Politik nicht so eine ernste Sache, wäre allein dieses Erlebnis ein Grund, die Union zu wählen.

© SZ vom 20.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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