Schweiz:In Bern bleibt es, wie es war

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Die Grünen erhalten als viertstärkste Partei doch keinen Sitz im Bundesrat, der Regierung der Eidgenossenschaft. Die Hürde, einen anderen Minister abzuwählen, war zu groß.

Von Isabel Pfaff, Bern

Die alte Schweizer Regierung ist auch die neue: Bei den Bundesratswahlen am Mittwoch haben die im Oktober neu gewählten Parlamentarier alle sieben Regierungsmitglieder in ihrem Amt bestätigt. Der Wahltag verlief ohne Überraschungen, alle Bundesräte erhielten im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit. Damit ist der Versuch der Schweizer Grünen gescheitert, erstmals einen Sitz in dem Regierungsgremium zu erobern. Die Ökopartei hatte bei den Wahlen im Herbst so viele Sitze hinzugewonnen wie keine Partei vor ihr und ist nun viertstärkste Kraft im Nationalrat. Rein rechnerisch hat sie damit Anspruch auf einen Sitz im Bundesrat, der sich traditionell aus Vertretern der vier stärksten Parteien zusammensetzt. Trotzdem gelang es den Grünen nicht, genügend andere Fraktionen von ihrer Kandidatin, Parteipräsidentin Regula Rytz, zu überzeugen. Sie erhielt nur 82 von 238 Stimmen, was etwa den Fraktionsstärken der Grünen und der Sozialdemokraten entspricht.

Dieses Ergebnis hatte sich bereits abgezeichnet. Die Skepsis der übrigen Parteien bezog sich unter anderem auf Rytz' politische Ausrichtung: Die Parteichefin gilt als eine der linkesten Politikerinnen im Parlament, was sie für die Mitte- und Rechtsparteien schwer wählbar macht. Rytz' Kampfkandidatur richtete sich außerdem gegen Ignazio Cassis von der liberalen FDP, einen Tessiner. Die Schweizer Verfassung gibt vor, bei der Besetzung der Regierung Rücksicht zu nehmen auf eine angemessene Vertretung der Schweizer Sprachregionen. Cassis war bei seiner Wahl 2017 der erste Tessiner Bundesrat seit 18 Jahren.

Abgesehen davon schreckten viele Abgeordnete davor zurück, einen amtierenden Bundesrat abzuwählen. Üblicherweise kommt es im Bundesrat nur dann zu Neubesetzungen, wenn ein Regierungsmitglied zurücktritt. Eine Abwahl gilt als Affront und kam seit der Gründung des Schweizer Bundesstaats 1848 nur viermal vor. Zuletzt musste 2003 die christdemokratische Bundesrätin Ruth Metzler gehen, womit der zweite Bundesratssitz der CVP dauerhaft an die rechtskonservative SVP überging, die inzwischen zur stärksten Kraft aufgestiegen war. 2007 wurde in einem spektakulären Geheimmanöver dann der SVP-Bundesrat Christoph Blocher abgewählt. Er hatte wiederholt für Unmut gesorgt, weil er das Kollegialitätsprinzip des Bundesrats missachtet und offen polarisiert hatte.

© SZ vom 12.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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