Schwarz-Gelb in der Krise:Böhmer attestiert Merkel Führungsfehler

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Sachsen-Anhalts Landesvater Böhmer grantelt über die Kanzlerin - auch aus Dresden und Hannover kommen kritische Töne aus den Reihen von CDU und FDP zum Zustand der Berliner Koalition.

Nach anderen CDU-Landeschefs hat auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) Kritik am Führungsstil von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geübt. "Eine Koalitionsregierung kann man nicht so führen wie einen Familienbetrieb", sagte Böhmer Handelsblatt Online.

Ihr wird immer wieder Führungsschwäche vorgeworfen: Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel (Foto: ddp)

Die Zusammenarbeit mit FDP und CSU, die er als "sektorale" und "regionale Klientelpartei" bezeichnete, sei gegenwärtig offenbar schwieriger als die Kooperation mit der SPD in der großen Koalition.

Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) verteidigte Merkel hingegen als führungsstarke Kanzlerin. Grundsätzlich müsse die Union aber zunächst intern, auch mit der CSU, ihre Linie abstimmen, ehe sie sich mit den Liberalen über ein Gesetzespaket verständigt, sagte Tillich dem Hamburger Abendblatt.

Niedersachsens Landesvize Jörg Bode (FDP) forderte, Merkel müsse "inhaltlich stärker Farbe bekennen". An der Bildung einer rot-grünen Koalition in NRW sei deutlich geworden, "dass es nichts bringt, alle Entscheidungen hinauszuzögern, weil man meint, man könne diese den Bürgern nicht zumuten."

Zuvor hatte Hamburgs Regierender Bürgermeister Ole van Beust (CDU) in der Süddeutschen Zeitung gefordert, Merkel müsse auch mal mit der Faust auf den Tisch hauen. Sein schleswig-holsteinischer Amtskollege Peter Harry Carstensen (CDU) hatte der Kanzlerin und CDU-Chefin geraten, Fehlverhalten deutlich anzusprechen.

CDU-Vorstandsmitglied Elmar Brok rief Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer sowie FDP-Chef Guido Westerwelle auf, einen Verhaltenskodex für den Umgang miteinander in der Koalition zu vereinbaren. "Wer andauernd Beschlüsse zerredet und den politischen Partner persönlich angreift, muss mit Sanktionen der Koalitionsspitze rechnen", verlangte Brok in Handelsblatt Online.

Beispielsweise hätte die bayerische Familienministerin Christine Haderthauer (CSU), die einen Vergleich zwischen der Politik der FDP und der der chilenischen Diktatur unter Augusto Pinochet gezogen hatte, aus seiner Sicht sofort zurücktreten müssen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions- Bundestagsfraktion, Peter Altmaier, verteidigte den Führungsstil Merkels. Der CDU-Politiker, der der Kanzlerin nahe stehen soll, sagte am Freitag im RBB- Inforadio, Merkels Stil sei "ein sehr moderner, offener, und von einer gewissen Vorsicht geprägt, weil sie die Argumente kennenlernen möchte". Damit sei die Kanzlerin "sehr erfolgreich", sagte Altmaier.

Er bezeichnete die Arbeit der schwarz-gelben Koalition inhaltlich als gut, räumte aber "atmosphärische" Störungen ein. "Das hat uns nach außen nicht immer genützt. Die Koalition hat in den Abgrund geschaut, und das hat dazu geführt, dass alle sich ihrer Verantwortung bewusst sind." Stimmung und Zusammenhalt seien "in den letzten 10 bis 14 Tagen deutlich besser geworden, meinte er.

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