Schuldspruch in Frankfurt:Ruander wegen Beihilfe zum Völkermord verurteilt

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Jahrelang lebte er unbehelligt in Mannheim - doch als Bürgermeister in Ruanda hatte er zuvor seine Anhänger zum Mord an Hunderten Tutsi angestachelt. Das Frankfurter Oberlandesgericht verurteilt Onesphore Rwabukombe deshalb zu 14 Jahren Haft.

Wegen eines Massakers in einer ruandischen Kirche ist ein früherer Bürgermeister in Frankfurt zu 14 Jahren Haft verurteilt worden. Onesphore Rwabukombe habe seine Anhänger vor 20 Jahren zu dem Blutbad in der Ortschaft Kiziguro angestachelt, urteilte das Oberlandesgericht. Er habe sich damit der Beihilfe zum Völkermord schuldig gemacht. Es ist das erste Urteil eines deutschen Gerichts zum Völkermord in Ruanda.

Rwabukombe war 1994 Bürgermeister der ruandischen Gemeinde Muvumba, einem Nachbarort von Kiziguro. Ihm wurde vorgeworfen, für das Massaker in der Kirche des Ortes verantwortlich zu sein, bei dem mindestens 400 Angehörige der Tutsi-Minderheit getötet worden waren. Nach einem Asylantrag lebte Rwabukombe seit 2002 jahrelang unbehelligt in Deutschland. Seit Januar 2011 stand er wegen Völkermordes in Frankfurt vor Gericht.

Die Bundesanwaltschaft hatte eine lebenslange Freiheitsstrafe und die Feststellung einer besonderen Schwere der Schuld gefordert, die Verteidigung auf Freispruch plädiert. Rwabukombe selbst hatte stets seine Unschuld beteuert.

Die Ankläger und auch das Gericht standen bei der Beweisführung vor dem Problem, dass es weder Dokumente noch Fotos gibt, die einen Befehl des Bürgermeisters für den Angriff auf Mitglieder der Tutsi-Minderheit beweisen würden. Sie konnten sich nur auf Zeugen stützen, die Rwabukombe gesehen haben wollen - oder angaben, von ihm gehört zu haben.

Amnesty spricht von "wichtigem Signal"

Das Gericht hatte im Laufe des Prozesses mehr als 120 Personen angehört; sie wurden entweder eingeflogen oder per Videokonferenz zugeschaltet. Es waren Zeugen, welche die ruandische Regierung empfohlen hatte - sie hat ein Interesse daran, dass der Völkermord an der Tutsi-Minderheit, bei dem 1994 in 100 Tagen 800 000 Menschen von radikalen Hutu ermordet worden waren, aufgeklärt wird.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International nannte das Verfahren gegen Rwabukombe ein "wichtiges Signal". Das Verfahren zeige - unabhängig vom Ausgang -, dass bei Völkermord jeder Täter damit rechnen müsse, vor Gericht gestellt zu werden.

Vor dem Urteilsspruch hatten Prozessbeobachter wie der Marburger Strafrechtsprofessor Christoph Safferling kritisiert, dass sich die vielen Aussagen nie zu einem Bild zusammengefügt hätten. Es sei "kein einziger wirklich überzeugender Zeuge" dabei gewesen, sagte Safferling der SZ, andererseits habe es aber auch "keine wirklich überzeugende Entlastung" gegeben.

Parallel zu dem Frankfurter Prozess hat die Generalbundesanwaltschaft mutmaßliche Hutu-Täter auch in Stuttgart und Düsseldorf angeklagt. In Frankfurt hatte die Anklage ihre Vorwürfe letztlich auf ein Drittel reduziert. Zu Beginn des Prozesses war noch von drei Massakern die Rede gewesen, schließlich jetzt nur noch von einem.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/rst/mati - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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