Schlichtungen:Einigt euch

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Schlichtungsverfahren haben deutlichen Zuwachs.

Von Wolfgang Janisch

Zwar liegt Deutschland bei der sogenannten Verbraucherschlichtung noch weit hinter Frankreich und Großbritannien zurück - aber die Liste der anerkannten Schlichtungsstellen wird von Jahr zu Jahr länger. Denn 2016 trat das auf eine EU-Richtlinie zurückgehende Gesetz über die "alternative Streitbeilegung in Verbrauchersachen" in Kraft, das einen gewissen Schub ausgelöst hat. Inzwischen führt das Bundesamt für Justiz, das den Schlichtern eine Art Gütesiegel in Sachen Unparteilichkeit verleiht, 27 solcher Institutionen. Allen voran der Versicherungsombudsmann mit zuletzt fast 20 000 Anträgen pro Jahr, dahinter die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr mit 15 600 Anträgen. Großen Zulauf haben auch die Ombudsleute der Privatbanken sowie der privaten Kranken- und Pflegeversicherung und die Schlichtungsstelle Energie - jeweils mit 5000 bis 7000 Anträgen jährlich.

Inzwischen ist fast die gesamte Palette des Verbraucherlebens abgedeckt - Bankgeschäfte, Flugbuchungen, Telekommunikation, selbst Anwaltsmandate. Die Idee ist, den Verbrauchern außerhalb der Gerichte eine schnelle und günstige Möglichkeit zu bieten, juristische Konflikte beizulegen. Einen Antrag kann man online auf der Website der jeweiligen Stelle einreichen, und in der Tat sind die Angebote fast durchgängig kostenlos; missbräuchliche Anträge können allerdings Geld kosten. Nach dem Schlichtungsbericht 2018, erstellt vom Bundesamt für Justiz, geht es auch einigermaßen schnell. Alle Stellen halten demnach die gesetzliche Frist von 90 Tagen ein, oft liegen sie darunter.

Wie erfolgreich die Einigungsversuche sind, lässt sich schwer ermessen. Viele Anträge scheitern an den Formalien, zum Beispiel daran, dass sich der Verbraucher mit seiner Beschwerde nicht zuerst an das Unternehmen selbst gewandt hat. Oder weil er die falsche Schlichtungsstelle ausgesucht hat. Anträge können aber auch abgewiesen werden, weil sie für eine Schlichtung - die eben kein Gerichtsverfahren ist - einfach zu aufwendig sind. Immerhin weist der Schlichtungsbericht eine Einigungsquote von 50 Prozent aus. Ob der Schlichterspruch bindend ist, hängt von der jeweiligen Stelle ab. Manchmal reicht es, wenn der Verbraucher ja sagt, meist müssen aber beide Seiten zustimmen. Immerhin: In einigen Fällen, etwa beim Streit um die Belieferung mit Energie, ist für die Unternehmen die Teilnahme an der Schlichtung gesetzliche Pflicht.

© SZ vom 14.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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