Schlecker-Prozess:Die Kinder müssen ins Gefängnis

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Fünf Jahre nach der Pleite der Drogeriekette verurteilt das Gericht Meike und Lars wegen Untreue und Insolvenz­verschleppung. Ihr Vater erhält eine Bewährungsstrafe.

Von Caspar Busse und Stefan Mayr, München/Stuttgart

Lars Schlecker (vorne) und seine Schwester Meike Schlecker (im Hintergrund) bei ihrer Ankunft vorm Landgericht Stuttgart. (Foto: Getty)

Überraschung am Landgericht Stuttgart: Die Richter verurteilten den ehemaligen Drogerie-Unternehmer Anton Schlecker, 73, wegen vorsätzlichen Bankrotts nur zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren und einer Geldstrafe von 54 000 Euro. Seine beiden Kinder Lars, 46, und Meike, 44, müssen jedoch anders als ihr Vater ins Gefängnis, die Tochter für zwei Jahre und acht Monate, der Sohn einen Monat länger. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor für Anton Schlecker eine härtere Strafe als für seine Kinder gefordert, das Gericht folgte dem aber nicht.

Es war eine der größten Pleiten in Deutschland: Im Januar 2012 hatte Schlecker, mit circa 25 000 Mitarbeitern und Tausenden Filialen damals Europas größte Drogeriekette, Insolvenz gemeldet. Anton Schlecker führte den Konzern bis zuletzt in der Rechtsform des "eingetragenen Kaufmanns", er haftete mit seinem gesamten Vermögen. Schon viele Jahre vor dem Bankrott liefen die Geschäfte schlecht. In dem Prozess in Stuttgart, der im März anfing, ging es nun darum, wann Schlecker die drohende Pleite kommen sah. Von diesem Zeitpunkt an hätte er dem Unternehmen kein Geld mehr entziehen dürfen.

"Er wusste, dass die Firma am Ende war, und hoffte dennoch weiter", stellte nun der Vorsitzende Richter Roderich Martis mit Blick auf Anton Schlecker fest. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass spätestens Anfang Februar 2011 die Zahlungsunfähigkeit drohte, und die Familie das wusste. "Alles deutet darauf hin, dass sie ab 2009 bereits damit gerechnet hatten und Vermögen gesichert haben", sagte Richter Martis weiter in seiner Urteilsbegründung. Die Familie habe also bewusst viel Geld aus dem Unternehmen gezogen. Schlecker hatte vor Gericht betont, er habe bis zuletzt an das Überleben der Firma geglaubt.

Den beiden Kindern legt das Gericht unter anderem Insolvenzverschleppung, Untreue und Beihilfe zum Bankrott zur Last. Ihnen gehörte unter anderem die Logistikfirma LDG, die damals für die Drogeriekette den Transport der Waren vom Zentrallager in die Filialen abwickelte und nach Ansicht des Gerichts zu viel Geld dafür kassierte. Damit seien dem Unternehmen Millionen entzogen worden. Für strafbar hielt die Staatsanwaltschaft auch zwei Immobiliengeschäfte. Anton Schlecker hatte drei Tage vor dem Insolvenzantrag Immobilien einer Österreich-Tochter und der Drogeriekette "Ihr Platz" in Osnabrück für sieben Millionen Euro zugunsten seiner Kinder verkauft. Das Geld ließen sich Lars und Meike noch am gleichen Tag als Gewinnausschüttung auf ihre Konten überweisen.

Vor zwei Wochen hatten Schlecker und seine Kinder vier Millionen Euro an den Insolvenzverwalter gezahlt - zur Wiedergutmachung des Schadens und um das Gericht milde zu stimmen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi kritisiert das Urteil als zu milde. "Schlecker war ein Familienunternehmen, das sich nur um die eigene Familie, aber nie um die Familien der Beschäftigten gekümmert hat", kritisierte Verdi-Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Nur die Uneinsichtigkeit habe zur Insolvenz geführt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

© SZ vom 28.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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