Saudi-Arabien:Haftstrafe für Frauenrechtlerin

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Loujain al-Hathloul setzt sich für politischen Wandel im Königreich ein.

Von Paul-Anton Krüger, München

Ein Anti-Terror-Gericht in Saudi-Arabien hat eine der bekanntesten Frauenrechtlerinnen des Landes zu fünf Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Loujain al-Hathloul wurde laut dem staatsnahen saudischen Online-Portal Sabq und anderen lokalen Medien in der Hauptstadt Riad schuldig gesprochen; sie habe versucht, eine grundlegende Änderung des Regierungssystems in der absolutistischen Monarchie herbeizuführen. Außerdem habe sie der nationalen Sicherheit geschadet, indem sie die "Agenda anderer Staaten" über das Internet verbreitet habe.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, al-Hathloul kann binnen 30 Tagen Berufung einlegen. Sie habe allerdings freiwillig gestanden, meldete Sabq unter Berufung auf die Richter. Das Urteil lastet ihr unter anderem an, mit ausländischen Diplomaten und Journalisten sowie Menschenrechtsorganisationen kommuniziert zu haben.

Das Gericht setzte zwei Jahre und zehn Monate ihrer Haft zur Bewährung aus. Die 31-Jährige, die am 15. Mai 2018 inhaftiert worden war, könnte deshalb Mitte März freikommen. Sie könnte während der Bewährungszeit von drei Jahren aber auch leicht wieder inhaftiert werden. Reisen außer Landes wurden ihr auf fünf Jahre untersagt.

Offen ist, ob das Königshaus mit dem mächtigen Kronprinzen Mohammed bin Salman den sich abzeichnenden Konflikt mit der neuen US-Regierung entschärfen kann. Der designierte Präsident Joe Biden hatte angekündigt, Waffenlieferungen an das Königreich zu überprüfen und es für die Ermordung des Publizisten Jamal Khashoggi zur Verantwortung zu ziehen. Zahlreiche Mitglieder des Kongresses hatten ebenso wie Politiker in Europa und Menschenrechtsorganisationen Hathlouls Freilassung gefordert.

Hathloul wurde bekannt, weil sie als Frau ein Auto fuhr

Hathloul hatte über sexuelle Misshandlungen und Folter in der Haft berichtet, darunter Stromstöße und Stockschläge, und protestierte zweimal mit einem Hungerstreik gegen ihre Haftbedingungen. Ein Richter wies die Anschuldigungen nach einer Untersuchung durch die saudischen Behörden zurück; diese kann aber nicht als unabhängig gelten. Hathlouls Familie sprach von Vertuschung.

Loujain al-Hathloul war bekannt geworden, als sie 2014 ein Video von sich aufnahm, in dem sie zwar ordnungsgemäß verschleiert war, aber am Steuer eines Autos saß. Von den Vereinigten Arabischen Emiraten aus fuhr sie auf die Grenze nach Saudi-Arabien zu, wo Frauen das Autofahren bis 2018 noch verboten war. Sie wurde für 73 Tage festgehalten.

Nach ihrer Freilassung setzte sie sich weiter für politischen Wandel ein. Als Frauen im Jahr 2015 bei kommunalen Wahlen erstmals ihre Stimme abgeben durften, versuchte sie, sich als Kandidatin aufstellen zu lassen. Zudem unterzeichnete sie eine Petition, die den König aufforderte, das System der Vormundschaft abzuschaffen, das viele wichtige Entscheidungen saudischer Frauen unter den Vorbehalt der Genehmigung durch den Ehemann oder einen männlichen Verwandten stellt.

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