Nicolas Sarkozy hat viel um die Ohren in letzter Zeit: Die Rentenreform boxte Frankreichs Präsident gegen den massiven Widerstand der Bevölkerung durch, die Steuerhinterziehungsaffäre um die L'Oréal-Millardenerbin Liliane Bettencourt machte seiner Regierung gehörig zu schaffen. Am Wochenende bildete er das Kabinett um, trennte sich von seinem angeschlagenen Arbeitsminister - und mehreren unbequem gewordenen Regierungsmitgliedern. Jetzt steht schon wieder Ungemach ins Haus: Die "Karatschi"-Affäre um ein U-Boot-Geschäft mit Pakistan in den neunziger Jahren bringt Sarkozy in Bedrängnis. Und zwar offensichtlich so sehr, dass er Journalisten gegenüber ausfallend wurde: Am Rande des Nato-Gipfels in Lissabon unterstellte er einem der Reporter, pädophil zu sein.
Mit dem Vergleich reagierte er auf Verdächtigungen der Journalisten zu seiner möglichen Verwicklung in die inzwischen "Karatschigate" genannte Affäre: "Und Sie? Ich habe nichts gegen Sie. Es scheint aber, als seien Sie pädophil. Wer mir das gesagt hat? Ich habe die innere Überzeugung (...) Können Sie sich rechtfertigen?", griff er einen der Reporter an, um zu verdeutlichen, dass man niemanden ohne Beweise beschuldigen könne. Wie am Dienstag weiter bekannt wurde, verabschiedete sich der Präsident von der Presse mit den Worten: "Bis morgen, pädophile Freunde."
Die "Karatschi-Affäre" verfolgt Sarkozy schon länger. Ihm wird vorgeworfen, in den neunziger Jahren illegale Gelder aus einem Waffendeal mit Pakistan verwaltet zu haben, indem er zusammen mit anderen die Gründung einer in Luxemburg angesiedelten Tarnfirma genehmigte. Zunächst sollen dabei "Kommissionen", also Schmiergelder, an Pakistan gezahlt worden sein, von denen ein Teil mittels sogenannter Kickback-Geschäfte über Umwege zurückgeflossen sein soll. Diese Millionen sollen im Präsidentschaftswahlkampf 1995 von Édouard Balladur verwendet worden sein, dessen Sprecher Sarkozy damals war. Mitte der neunziger Jahre war Sarkozy außerdem Haushaltsminister.
Ähnlich wie in Deutschland war in den neunziger Jahren auch in Frankreich die Zahlung von Schmiergeldern für Auslandsgeschäfte nicht strafbar, sehr wohl aber der illegale Rückfluss von "Kommissionen" auf schwarze Konten. Im Falle des U-Boot-Geschäftes mit Pakistan sollen etwa 85 Millionen Euro für Mittelsmänner Ende 1994 vereinbart worden sein. Ermittler prüfen die These, dass ein 2002 in Karatschi verübtes Attentat, bei dem elf Franzosen starben, eine Reaktion auf ein Ende des Geldflusses gewesen sein könnte.
Inzwischen hat die Zeitung Le Parisien über eine Durchsuchung des Haushaltsministeriums vor etwa zehn Tagen berichtet. Dort seien Aufzeichnungen über "dunkle Finanzgeschäfte" im Zusammenhang mit dem U-Boot-Verkauf aufgetaucht. Die nicht unterschriebenen handschriftlichen Notizen, die aus dem Jahr 2006 stammten, sollen laut Le Parisien für den damaligen Innenminister und heutigen Präsidenten Nicolas Sarkozy bestimmt gewesen sein.
"Wir leben in einer verrückten Welt", erklärte der Präsident den Journalisten gegenüber am Freitag. Und weiter: "Es gibt doch keinen Einzigen von euch, der glaubt, dass ich Kommissionen und deren Rückfluss über U-Boote nach Pakistan organisieren werde." Für Sarkozy ist das Ganze "ungeheuerlich".