Sami A.:Das Nasenbein des Rechtsstaats

Die Asylbehörde hat das Gericht getäuscht. Das ist ein Vertrauensbruch, für den sie büßen soll.

Von Heribert Prantl

Es gibt eine Übersicht über die Schmerzensgelder, die in Deutschland so üblich sind. Für ein gebrochenes Nasenbein gibt es 8500 Euro, für einen Hundebiss 10 000 Euro, für eine Narbe im Gesicht 18 000 und für eine Beckenfraktur 25 000 Euro. Das alles findet man in der Schmerzensgeldtabelle von Susanne Hacks; dort steht, was Arm und Bein, was Finger und Zehen wert sind. Was der Rechtsstaat wert ist, wenn man ihn grob verletzt, das steht dort nicht.

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat dessen Wert soeben mit mickrigen 10 000 Euro bemessen. So viel oder so wenig Zwangsgeld wurde der bisher renitenten Asylbehörde angedroht, wenn sie nicht bis kommenden Dienstag den rechtswidrig abgeschobenen Sami A. zurückholt - oder sich wenigstens darum bemüht. Es gibt wenig Zweifel daran, dass die Asylbehörde das Gericht belogen und getäuscht hat. Die Behörde hat so getan, als sei die Abschiebung bis zur Entscheidung des Gerichts abgeblasen und der Abschiebeflug storniert. Am nächsten Tag wurde Sami A. dann doch abgeschoben. Dem Gericht wurde eine Nase gedreht.

Das kann auch dem nicht gefallen, der für mehr Abschiebungen plädiert. Gerichte dürfen nicht gelinkt werden. Wer das tut, der sollte nicht nur mit Zwangsgeld, sondern auch mit Zwangshaft rechnen müssen.

© SZ vom 26.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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