Sachsen:In der Aufwärtsspirale

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Krise? Die SPD? In Großharthau zwischen Dresden und Bautzen haben die Sozialdemokraten gerade die absolute Mehrheit erobert. Und schon heißt es, die 3000-Einwohner-Gemeinde könnte ein Modell für Berlin werden.

Von Cornelius Pollmer

Jens Krauße gibt einem zur Begrüßung die Hand, es ist ein Handschlag, der sich gleich firm anfühlt und entschlossen, ein Handschlag, der unmittelbar klarmacht, wer hier das Sagen hat und zwar mit absoluter Mehrheit.

Hier, das ist Großharthau, etwas mehr als 3000 Einwohner. Die Gemeinde wirbt damit, "reizvoll zwischen Dresden und Bautzen" zu liegen, doch sind es in diesen Tagen andere Gebietsparameter, die Großharthau interessant machen. Nach den Kommunal- und Europawahlen waren die Zeitungen mal wieder voll mit langen Gesichtern bei der SPD. In der Sächsischen Zeitung aber wurde gelächelt und zwar unter der Überschrift: "Was man in Berlin von Großharthau lernen kann".

"Wir haben 1994 mit zwei Mandaten angefangen", sagt Krauße. 1999, als die ersten SPD-Wähler von Kanzler Schröder enttäuscht waren, verdoppelte die SPD in Großharthau die Zahl ihrer Mandate, 23,5 Prozent. 2001 kandidierte Krauße als Bürgermeister, er hatte zwei Gegenkandidaten und holte trotzdem 61,6 Prozent - im ersten Wahlgang. "2004 gab es den nächsten Schachzug", sagt Krauße und erzählt, wie er die Linken fragte: Was bringt euch der eine Einzelkämpfer, den ihr noch habt? Der Linke ging auf die Liste der SPD - 36 Prozent. 2014 ging es rauf auf 42 Prozent, und nun, Ende Mai 2019, erreichte die SPD in Großharthau die absolute Mehrheit: 55,2 Prozent.

"Der eigentliche Wahlkampf, der passiert hier in den fünf Jahren bis zur nächsten Abstimmung"

Was also kann man in Berlin von Großharthau lernen? Einerseits ist das eine ulkige Frage. Andererseits ist auch hier, im Osten Sachsens, der Erfolg für die SPD nicht einfach so und zufällig gewachsen. Fraktionsvorsitzender Ilko Keßler erinnert sich an seinen Eintritt in die Kommunalpolitik vor 15 Jahren. Ein Bürger habe ihm gesagt, "Politik ist ein schmutziges Geschäft, aber dann ist es gut, wenn es einer von uns macht". Jens Krauße sagt, sie würden in der SPD darauf achten, dass auf der Liste immer jemand von der Feuerwehr dabei sei, von der Schule, ein Handwerker. Überhaupt darauf, dass verschiedene Berufsbilder dabei seien. Die SPD habe dieses Jahr "das erste Mal überhaupt" ein bisschen Wahlkampf gemacht, erzählt Ilko Keßler, ein paar Flyer, eine Anzeige in der Zeitung: "Der eigentliche Wahlkampf, der passiert hier in den fünf Jahren bis zur nächsten Abstimmung." Jens Krauße sagt, das Wahlprogramm werde am Ende einer jeden Legislatur genau abgerechnet. Was hat geklappt, was nicht? Vieles hat geklappt. Die Ortsteile Seeligstadt und Bühlau haben Spielplätze bekommen, und geschadet haben wird auch nicht, dass eineinhalb Monate vor der Wahl in Großharthau endlich der erste Discounter eröffnete. Den hatte schon Kraußes Vorgänger als Bürgermeister versprochen.

Jens Krauße sagt, "wenn die Leute Kräne sehen und Baufahrzeuge, dann ist das gut, dann sehen sie: Hier entwickelt sich etwas". In Großharthau hat die SPD in der Straßenausbaubeitragssatzung den Eigenanteil von 20 auf zehn Prozent halbiert. Seit dreizehn Jahren hat die Gemeinde keine Kredite mehr aufgenommen. Bald wird die alte Gemeindeverwaltung saniert und umgebaut zu einem Hortzentrum. Man mache hier einfach seine Arbeit, sagt Krauße. Immer sachorientiert, immer gemeinsam. Im Gemeinderat, sagt Keßler, säßen dabei alle Parteien durcheinander "in einem großen Kreis, also der aber ein Quadrat ist, wegen der Tische". Die Quadratur des Kreises, in Großharthau ist sie durchaus gelungen.

© SZ vom 13.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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