Sachsen:Freiheit für Pödelwitz

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Wolfram Günther, Katja Meier (Bündnis 90/Die Grünen), Martin Dulig (SPD) und Michael Kretschmer (CDU) (von links nach rechts) bei der Pressekonferenz. (Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

CDU, Grüne und SPD in Sachsen beenden mit Zuversicht ihre Sondierungen. Beim Braunkohle-Ausstieg wurde es bereits ziemlich konkret.

Von Cornelius Pollmer, Leipzig

Gut einen Monat nach der Landtagswahl in Sachsen haben die Spitzen von CDU, Grünen und SPD ihre Sondierungen abgeschlossen und angekündigt, in den jeweils eigenen Lagern für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen werben zu wollen. Diese könnten bei Zustimmung aller Beteiligten in der Woche vom 21. Oktober an beginnen. Grundlage dafür wäre dann ein gemeinsames Papier, das die drei Parteien zum Abschluss der Sondierungen vorstellten.

Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte, "wir wollen nicht verwalten, sondern gestalten". Ihn persönlich leite bei den Verhandlungen für eine neue Regierung der Ruf von 1989 "für ein offenes Land mit freien Menschen". Diesen Geist trage das vorliegende Sondierungsergebnis. Kretschmers Stellvertreter Martin Dulig (SPD) sagte, es brauche "ein neues Wir-Gefühl für Sachsen" und stellte einen "neuen Stil in der sächsischen Politik" in Aussicht. Katja Meier von den Grünen betonte ihrerseits die Einigkeit der drei Parteien in vielen Fragen, fügte allerdings an, in möglichen Koalitionsverhandlungen sei "noch ein weiter Weg" zu gehen. Tatsächlich sind im Sondierungsergebnis auf 13 Seiten bereits einige teils sehr konkrete Ziele festgehalten, jedoch fehlt es naturgemäß noch an der Skizzierung möglicher gemeinsamer Wege dorthin.

Grundsätzlich deutet das Papier die unterschiedlichen Interessen und Ausgangslagen der möglichen Koalitionäre nach der Wahl an. Die CDU war bei dieser Wahl zwar stärkste Kraft geworden, hatte jedoch wie auch der bisherige Koalitionspartner SPD an Zustimmung eingebüßt, weswegen jetzt allein eine zusätzliche Beteiligung der Grünen die Regierungsmehrheit zu sichern vermag. Während die CDU nun gewisse inhaltlich große Linien zu verteidigen versucht, fallen Grüne und SPD im Sondierungspapier mit konkreten Versuchen auf, ihr Profil in eine mögliche Koalition einzubringen.

So sagte Sachsens SPD-Chef Dulig, seine Partei wolle für höhere Tarifbindung und längeres gemeinsames Lernen eintreten. Auch der Weg zur Einführung der Gemeinschaftschule sei nun frei, wenngleich der Passus gerade dazu eher vage ausfällt. Die Grünen wiederum haben eine Stärkung des Radverkehrs in Sachsen sowie eine stärkere ökologische Orientierung etwa in der Landwirtschaft im Ergebnis verankert. Für die CDU schließlich dürfte unter anderem wichtig gewesen sein, dass das Sondierungspapier den zu Beginn dieses Jahres auf Bundesebene ausgehandelten Braunkohlekompromiss inklusive des Ausstiegsdatums 2038 nicht wesentlich angreift. Stattdessen werden CDU, Grüne und SPD auf diesem Themenfeld auf fast wunderliche Weise konkret. So ist in der Übereinkunft von einem mindestens sachsenweit berühmten Ort im Landkreis Leipzig zu lesen, der seit Jahren von einer Tagebauerweiterung bedroht ist. Dort wird man froh sein zu lesen: "Die Parteien möchten den Ort Pödelwitz erhalten und die Inanspruchnahme der Ortslage vermeiden."

© SZ vom 05.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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