Sachsen-Anhalt:Sonderermittler im Fall Oury Jalloh

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Die Regierung in Magdeburg will den Fall des in einer Polizeizelle verbrannten Asylbewerbers untersuchen lassen. Rechtsanwalt Jerzy Montag und Ex-Verfassungsrichter Herbert Landau erhalten Akteneinsicht.

Im Fall des in einer Polizeizelle in Dessau durch ein Feuer umgekommenen Asylbewerbers Oury Jalloh will Sachsen-Anhalt zwei Sonderermittler einsetzen. Die Magdeburger Regierungskoalition aus CDU, SPD und Grünen verständigte sich nach Informationen der Mitteldeutschen Zeitung vom Freitag darauf, dass die Experten den Fall im Rechtsausschuss des Landtags aufarbeiten sollen.

Bei den Sonderermittlern handelt es sich um den Rechtsanwalt Jerzy Montag und um den früheren Bundesverfassungsrichter Herbert Landau. Grünen-Politiker Montag untersuchte bereits als Sonderermittler im Bundestag den Komplex der rechtsextremen Zelle Nationalsozialistischer Untergrund. Landau beschäftigte sich zuletzt für die sächsische Landesregierung mit dem Suizid des terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr in der Justizvollzugsanstalt Leipzig. Die beiden unabhängigen Sachverständigen sollen die im Landtag lagernden Polizei- und Justizakten sichten und neu bewerten. "Wir wollen, dass dieser Fall mit einem unabhängigen Blick von außen aufgearbeitet wird", sagte Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann der Zeitung.

Jalloh war am 7. Januar 2005 verbrannt in einer Zelle des Polizeireviers Dessau gefunden worden. Er lag dort an Händen und Füßen gefesselt auf einer Matratze. Das Landgericht Magdeburg verurteilte den damaligen Polizeidienstleiter 2012 wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe, weil er Jalloh besser hätte überwachen müssen. Der Bundesgerichtshof bestätigte 2014 das Urteil, in dem davon ausgegangen wurde, dass der Mann aus Sierra Leone die Matratze selbst angezündet hatte. Daran werden aber immer wieder Zweifel geäußert.

Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg entzog 2016 der Dessauer Staatsanwaltschaft das Verfahren und übertrug den Fall Jalloh an die Staatsanwaltschaft Halle. Diese stellte das Ermittlungsverfahren mit der Begründung ein, dass das Verfahren "keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Beteiligung Dritter an der Brandlegung ergeben" habe. Ende 2017 zog die Generalstaatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren aufgrund der unterschiedlichen Bewertungen der Todesumstände allerdings erneut an sich. Die Aufarbeitung ist noch nicht abgeschlossen.

© SZ vom 14.04.2018 / AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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