Terrormiliz IS:Totgesagter Terrorist

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2014 ist al-Baghdadi in Mossul öffentlich aufgetreten. (Foto: dpa)

Die Behörden in Moskau prüfen derzeit, ob der IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi bei einem russischen Luftangriff Ende Mai in der Nähe der syrischen Stadt Raqqa getötet wurde.

Von Julian Hans, Paul-Anton Krüger, Moskau/Kairo

Das Verteidigungsministerium in Moskau prüft nach eigenen Angaben Berichte, dass bei einem Angriff der russischen Luftwaffe am 28. Mai in Syrien der Chef der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), Ibrahim Abu Bakr al-Baghdadi, getötet worden ist. In einer längeren vom russischen Militär verbreiteten Erklärung hieß es, Ende Mai habe man "Informationen über ein Treffen von IS-Führern in einem Vorort von Raqqa bekommen". Dort hätten Rückzugswege über den südlichen Korridor besprochen werden sollen - also Richtung Deir al-Sour und weiter ins Euphrat-Tal. Nach Überprüfung durch Drohnen sei zwischen 0.35 Uhr und 0.45 Uhr Moskauer Zeit, die der syrischen entspricht, bombardiert worden.

"Dabei wurden Kommandeure des sogenannten Militärrats des IS getötet, außerdem etwa 30 Feldkommandeure und 300 Kämpfer", heißt es in der Mitteilung weiter. Im vorletzten Satz der Erklärung steht es dann lapidar und ein wenig gewunden: "Nach Informationen, die über unterschiedliche Kanäle überprüft werden, war auch der IS-Anführer al-Baghdadi bei dem Treffen anwesend, der durch den Angriff getötet wurde." Sollte sich dies bewahrheiten, wäre es der wohl symbolträchtigste Erfolg im Kampf gegen den IS, vergleichbar allenfalls mit der Tötung von al-Qaida Chef Osama bin Laden durch eine US-Kommandoeinheit im Mai 2011.

Eine unabhängige Bestätigung für die Berichte war am Freitag allerdings ebenso wenig zu erhalten, wie Indizien, die den Verdacht erhärten würden, dass der wohl meistgesuchte Terrorist der Welt tot ist. Das russische Militär teilte zwar mit, über Zeit und Ort des Einsatzes "sei die amerikanische Seite über den gegenseitigen Informationskanal im Voraus unterrichtet worden". Oberst Ryan Dillon, Sprecher der amerikanischen Anti-IS-Operation sagte lediglich, Berichte über den Tod Baghdadis könne er "derzeit nicht bestätigen". Russlands Außenminister Sergeij Lawrow sagte ebenfalls, er habe "keine hundertprozentige Bestätigung der Information".

Mehrmals hatte es in der Vergangenheit Gerüchte gegeben, Baghdadi sei bei US-Luftangriffen getötet oder schwer verwundet worden, so im März 2015 und Juni 2016 - auch dass er deswegen de facto die Befehlsgewalt abgeben habe, hieß es zwischenzeitlich. Das letzte Lebenszeichen von Baghdadi ist eine Audio-Botschaft vom November 2016, in der er seine Leute zu entschiedenem Widerstand gegen die Offensive irakischer Einheiten zur Befreiung Mossuls aufruft, die von den USA unterstützt wird. Davor hatte er sich zuletzt im November 2015 persönlich gemeldet.

Nach Auskunft irakischer Eliteeinheiten hatte er Mossul im Oktober 2016 bereits verlassen. Westliche Geheimdienste gehen davon aus, dass sich Baghdadi und andere IS-Anführer schon vor Monaten aus Raqqa abgesetzt haben und sich im Euphrat-Tal südlich der Stadt Deir al-Sour aufhalten, vor allem zwischen al-Mayadin und al-Bukamal an der Grenze zum Irak. Dort hätten sich die IS-Kämpfer, deren Zahl auf 7000 bis 10 000 geschätzt wird, in kleineren Einheiten reorganisiert.

Das US-Militär teilte mit, es prüfe nun, welche Einsätze die Russen im fraglichen Zeitraum geflogen seien. Weder die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit ihrem Netz lokaler Informanten noch lokale Aktivisten konnten einen massiven Luftangriff in der Region am 28. Mai bestätigen. Üblicherweise bleiben Angriffe gerade mit hunderten Toten nicht über Wochen unentdeckt. Das russische Verteidigungsministerium veröffentlichte ein Satellitenbild eines Komplexes von vier Gebäuden, die von zwei Kampfjets der Typen Suchoi Su-34 und Su-35 zerstört worden seien. Bei dem Angriff seien der IS-Emir von Raqqa, Abu al-Haji al-Masri und IS-Sicherheitschef Suleiman al-Sawah getötet worden. Der IS hat dazu bisher keine Informationen herausgegeben.

© SZ vom 17.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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