Russland:Schaden für Europa

Putin ist ebenso wenig an Abrüstung interessiert wie Trump.

Von Silke Bigalke

Vordergründig geht es im Streit um den INF-Vertrag um eine Rakete, die es eigentlich nicht geben dürfte. Russland wird seit Jahren verdächtigt, die Waffe längst gebaut zu haben. Die russische Regierung behauptet zwar, den Vertrag damit nicht zu verletzen und das Abrüstungsabkommen retten zu wollen. Beides darf man bezweifeln. Verschrotten will Moskau die fragliche Mittelstreckenrakete jedenfalls nicht. Das Angebot des russischen Außenministers an die USA, sich "mit eigenen Augen" von deren Eigenschaften zu überzeugen, ist schwammig.

Das eigentliche Problem aber ist, dass Putin ebenso wenig an Abrüstung interessiert ist wie Trump. Beide beschuldigen sich gegenseitig, den INF-Vertrag zu brechen, um weiter aufrüsten können. Wenn Trump aus dem Vertrag aussteigt, macht er Putin damit ein doppeltes Geschenk: Dieser kann weiterhin behaupten, er habe sich für die Abrüstung eingesetzt, und die USA als Schuldigen dafür hinstellen, dass die Welt unsicherer wird. Gleichzeitig lenkt er so vom eigenen Regelbruch ab.

Den größten Schaden trägt Europa davon. Als der INF-Vertrag unterschrieben wurde und die Pershing-II-Raketen aus Deutschland verschwanden, wurde dort das Leben sicherer. Nun droht Europa eine neue Aufrüstungsdebatte, die Bündnisse spalten könnte. Auch das kann Putin nur recht sein.

© SZ vom 17.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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